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Harmonisierung von Covered Bonds darf nicht zu einer Verwässerung des Qualitätsproduktes führen

Das Vorhaben der Europäischen Kommission, die nationalen Regeln für gedeckte Schuldverschreibungen zu harmonisieren, steht kurz vor dem Abschluss.

Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer vdp, Gastbeitrag, erschienen in der FAZ vom 24. Mai 2018

Was im Jahr 2013 mit dem Grünbuch zur Langfristfinanzierung begann, steht mit dem im März dieses Jahres vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie und eine Verordnung nun kurz vor der Vollendung. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein in der Reform der sogenannten Covered Bonds erreicht, die in Deutschland ihren Anfang genommen, mit dem Pfandbrief ihre bis heute prominenteste, traditionsreichste und qualitativ hochwertigste Ausprägung gefunden haben und seit der Finanzkrise zu den Schlüsselprodukten der Bankenrefinanzierung in Europa zählen.

Ziel des Reformvorhabens ist es, den europäischen Coverd-Bond-Markt homogener und transparenter und damit noch attraktiver für Anleger und Emittenten zu gestalten. Für EU-Länder ohne existierenden Covered-Bond-Rechtsrahmen soll es insgesamt einfacher werden, das Produkt auf nationaler Ebene einzuführen und damit von dieser kosteneffizienten, langfristigen und sicheren Finanzierungsquelle zu profitieren. Zugleich soll die Assetklasse durch die Schaffung eines einheitlichen Rahmenwerks geschützt und ein Fundament für die dauerhafte regulatorische Privilegierung im europäischen Recht gelegt werden. Um diese Ziele zu erreichen, schlägt die Europäische Kommission eine einheitliche Definition von Covered Bonds vor, mit festgelegten strukturellen Merkmalen. Gleichzeitig werden die Aufgaben und Pflichten der Aufsicht konkretisiert und die Regeln für die Nutzung eines neuen Gütesiegels mit dem Namen „European Covered Bonds“ definiert, worunter all jene gedeckten Schuldverschreibungen fallen sollen, die der neuen Definition entsprechen.

Was am Ende dieses langwierigen Prozesses herausgekommen ist, kann sich durchaus sehen lassen. Und so unterstützen die deutschen Pfandbriefbanken das von der Kommission vorgeschlagene Gesetzespaket – nicht zuletzt auch, da einheitlich hohe Qualitätsstandards die nachweislich krisenresistente Assetklasse in der Wahrnehmung der Investoren weiter stärken und ihre dauerhafte regulatorische Privilegierung in allen wesentlichen europäischen Rahmenwerken rechtfertigen dürften.

Entscheidend ist insbesondere, dass der Richtlinienvorschlag prinzipienbasiert ist und damit lediglich bestimmte Kernprinzipien von Covered Bonds harmonisiert werden.

Zu einer Vollharmonisierung auf qualitativ niedrigem Niveau – wie zeitweise zu befürchten war – wird es nicht kommen. Stattdessen wird ein Minimum an Harmonisierung auf der Basis der nationalen Gesetzeswerke gefordert – auf hohem Niveau, aber zugleich so, dass ausreichend Raum für den Erhalt und die qualitative Weiterentwicklung bewährter nationaler Produkte wie dem Pfandbrief verbleibt. Für Deutschland besonders wichtig: Der Vorschlag weist alle wesentlichen Qualitätsmerkmale der bewährten traditionellen Covered Bonds auf und ist auch weitestgehend vereinbar mit den bestehenden, strengen Standards des Pfandbriefgesetzes.

So weit, so gut. Beim Blick auf die Details des Vorschlags der Kommission offenbart sich allerdings durchaus Nachbesserungsbedarf – an wenigen, aber entscheidenden Stellen. Das betrifft beispielsweise die Definition der Vermögenswerte, die zur Deckung verwendet werden dürfen und auf die Anleger bei Ausfall eines Emittenten bevorzugt zugreifen können. Die traditionellen Covered Bonds sind so beliebt und erfolgreich, weil sie stabil, äußerst sicher, und gerade deshalb für den Emittenten günstig sind. Die besondere Sicherheit ergibt sich vor allem aus der klar umgrenzten Anzahl qualitativ hochwertiger Assetklassen, die zur Deckung zugelassen sind: nämlich grundpfandrechtlich besicherte Hypothekendarlehen, Anleihen des öffentlichen Sektors sowie Schiffs- und Flugzeughypotheken. Die nun von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Basis-Definition ist bewusst weiter und allgemeiner gehalten, um die Refinanzierung neuer Klassen von Vermögenswerten zu ermöglichen und das Produkt Covered Bond damit flexibler nutzbar zu machen.

Zwar fordert die Kommission in ihrem Vorschlag explizit qualitativ hochwertige Deckungsaktiva. Die exakten Anforderungen werden allerdings so weit gefasst, dass einer Beliebigkeit und damit auch einer Verwässerung der traditionellen Qualitätsprodukte Tür und Tor geöffnet sind. Der mögliche Vorteil einer breiteren Anwendung des Produkts wiegt diese Schwäche nicht auf. Hier besteht eindeutig Nachbesserungsbedarf.

Aus Sicht der Pfandbriefbanken müssen die Anforderungen deutlich detaillierter und strikter ausfallen, um den Spielraum für eine Erweiterung der deckungsfähigen Aktiva klar zu begrenzen. Eine Lösung könnte sein, anstelle der vorgeschlagenen allgemeinen Definition die zulässigen Deckungswerte explizit in der Richtlinie aufzuzählen.

Ein zweiter, damit zusammenhängender und aus Sicht der deutschen Pfandbriefbanken nicht minder kritischer Aspekt ist die geplante Einführung des Labels „European Covered Bonds“ für all jene gedeckten Schuldverschreibungen, die der neuen, gegenüber dem Status quo auf jeden Fall breiter gefassten Richtlinie entsprechen.

Diese Bezeichnung für alle unter die Richtlinie fallenden Produkte wäre irreführend, suggerierte sie doch, dass es sich hierbei im Vergleich zu den traditionellen Covered Bonds wie dem Pfandbrief in jedem Fall um ein streng reguliertes und folglich sicheres Produkt handelt. Diese Unschärfe kann gerade für die traditionellen Covered Bonds zu einer Benachteiligung führen, da sie mit mutmaßlich weniger sicheren Produkten nach hochoffizieller Lesart in einen Topf geworfen würden. Ein gangbarer Ausweg könnte aus Sicht der deutschen Pfandbriefbanken die Einführung zweier Labels sein, die auf die inhaltlichen Unterschiede zwischen den beiden Produktkategorien schließen lassen, die gleichzeitig zwei Sicherheitsklassen entsprechen. Beispielweise würde sich „Ordinary Covered Bonds“ als Bezeichnung für die neuen richtlinienkonformen gedeckten Schuldverschreibungen anbieten, während das traditionelle Produkt mit „Premium Covered Bonds“ bezeichnet werden könnte, um so auf deren Qualitätsvorsprung hinzuweisen.

Nur wenn diese beiden gravierenden Mängel des Vorschlags der Europäischen Kommission im weiteren Verlauf des Prozesses überzeugend aufgelöst und auch die Details dieses langjährigen Reformvorhabens bestmöglich ausgestaltet werden, kann auch das für die Pfandbriefbanken übergeordnete Ziel jeder gesetzlichen Neuerung erreicht werden: die weitreichende regulatorische Privilegierung von Covered Bonds, die sich nicht zuletzt mit deren hoher Sicherheit und Zuverlässigkeit begründet, nicht zu gefährden, sondern sie auf ein noch stabileres Fundament zu stellen. Denn nur wenn die Qualität unzweifelhaft sichergestellt wird, können Covered Bonds ihre Stärken im Interesse aller Beteiligter – also Investoren, Bankkunden, Emittenten und nicht zuletzt auch der Politik – voll ausspielen und wie geplant einen Beitrag zum Aufbau der Kapitalmarktunion und zur Finanzierung von zusätzlichem Wachstum der Realwirtschaft leisten.