#wirsindpfandbrief: Im Gespräch mit Dr. Pia Leipertz

Dr. Pia Leipertz Abteilungsleiterin Vorstandsstab, Deutsche Hypo

Welche Bedeutung erfährt der europäische „Green Deal“ während der Krise Ihrer Meinung nach?

Der europäische Green Deal ist aktueller denn je. Eine intakte Umwelt mit ausreichendem Waldbestand, Artenvielfalt, sauberem Wasser und reiner Luft sind die Grundbausteine unserer Existenz. Die Corona-Krise hat uns ins Bewusstsein gerufen, wie wichtig Gesundheit ist und zugleich ein weiteres Mal verdeutlicht, wie sehr wir an diesen Grundlagen Raubbau betreiben. So haben bspw. Messungen in Wuhan unmittelbar nach Beginn des Lockdowns und dem damit einhergegangenen Herunterfahren der Industrie eine deutliche Verbesserung der Luftqualität durch einen Rückgang der Stickstoffkonzentration gezeigt.

Im Laufe der Krise hat die EU enorme Summen in Form von Konjunkturpaketen bereitgestellt. Diese Gelder wären für den Klimaschutz und eine stringente Umsetzung des Green Deals und der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 benötigt worden. Aus ökonomischer Sicht war es wichtig und auch richtig die Konjunkturpakete zu verabschieden, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und eine mögliche Rezession abzufedern. Ebenso gilt es aber weiterhin, den Klimaschutz zu intensivieren und aktiv gegen den Klimawandel vorzugehen. Expert*innen warnen bereits seit Längerem davor, dass die Folgen der zunehmenden Erderwärmung zu irreparablen Umweltschäden und starken Verwerfungen in der Weltwirtschaft führen werden.

Das Umweltbundesamt schlägt bspw. vor, eben jene Hilfspakete an Nachhaltigkeitsziele und Bedingungen zu knüpfen. Auf diese Weise könnte Europa zeigen, dass Strukturveränderungen in Richtung Nachhaltigkeit möglich und vor allem auch vorteilhaft sind. Für die EU – und insbesondere Deutschland in der Rolle als aktueller Inhaber der Ratspräsidentschaft – gilt es, endlich mit konkreten Maßnahmen voranzugehen.

Auch die Banken werden sich ihrer Verantwortung immer bewusster und tragen entsprechende Anreize für nachhaltiges Wirtschaften an ihre Investor*innen und Kund*innen weiter. Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich auch bei der Deutschen Hypothekenbank zu einem zentralen Handlungsfeld. Wir haben 2017 mit der Emission von grünen Pfandbriefen begonnen und konnten die grüne Wertschöpfungskette im vergangenen Jahr mit der Einführung des Green Loans weiter ausbauen.

Welche Lehren ziehen Sie aus der bisherigen Krisenzeit (u.a. in puncto Digitalisierung)?

Die kurzfristige Umstellung auf die Arbeit aus dem Home Office hat uns ins Bewusstsein gerufen, in welch einer schnelllebigen Zeit wir leben und wie flexibel wir als Bank auf Veränderungen reagieren können müssen. Wir waren vorher bereits auf einem guten Weg Richtung Digitalisierung, die Corona-Krise hat aber definitiv für neuen Antrieb gesorgt. Innerhalb kürzester Zeit wurden all unsere knapp 400 Mitarbeiter*innen „Home Office-fähig“ gemacht und neue Arbeitskonzepte entwickelt. Durch die Erfahrungen, die wir alle in den vergangenen Monaten mit digitalen Meetings und insbesondere dem Arbeiten von zuhause gemacht haben, hat sich meines Erachtens nach nun auch die letzte Skepsis aus den Köpfen der Menschen verabschiedet: Es hat sich gezeigt, dass produktives Arbeiten aus dem Home Office durchaus möglich ist und nicht nur die Bank, sondern auch die Mitarbeiter*innen selbst zukünftig von solch flexiblen Arbeitsmethoden nachhaltig profitieren. Die aktuelle Dynamik werden wir nutzen, um weitere Projekte voranzutreiben. Passend hierzu wird bei uns zum Ende des Jahres das Projekt „Modern Workplace“ in die finale Runde gehen und all unsere Mitarbeiter*innen werden dank Convertibles endgültig fit für das mobile Arbeiten sein.

Unsere Kampagne trägt den Namen #wirsindpfandbrief. Inwiefern profitieren Sie von der Zusammenarbeit im vdp – allgemein und insbesondere während der COVID-19-Pandemie?

Die Zusammenarbeit mit dem vdp ist für uns sehr wichtig. Mit rd. 400 Mitarbeiter*innen sind wir eine mittelgroße Pfandbriefbank. Aufgrund unserer straffen Personaldecke sind wir gar nicht in der Lage, sämtliche Entwicklungen und Fragestellungen, die den Pfandbrief betreffen, alleine in der gewünschten Breite und Tiefe nachzuhalten oder zu beantworten.

Ich selbst war noch bis vor kurzem Mitglied des Rechtsausschusses und hatte darüber hinaus die Gelegenheit, an Sitzungen des Arbeitskreises „common law“ teilzunehmen. Die Möglichkeit, sich mit anderen Kollegen*innen über aktuelle juristische Fragestellungen auszutauschen ist immens wichtig. Dies gilt fürs Inlandsrecht, vielleicht aber noch mehr für Auslandsthemen; in meinem Fall waren dies z.B. die mit dem Brexit verbundenen Veränderungen.

Als Interessenvertreter der Pfandbriefbanken gelingt es dem vdp immer wieder, beim Gesetzgeber das Bewusstsein für die erforderlichen Gesetzesanpassungen zu schaffen oder im Gespräch mit der Bankenaufsicht komplexe Sachverhalte zu verdeutlichen und einer praktikablen Lösung zuzuführen. Er trägt damit entscheidend dazu bei, den 250-jährigen Erfolg des Produktes „Pfandbriefs“ zu erhalten und zu festigen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kollegen*innen beim vdp immer für Anfragen zur Verfügung stehen, sich kümmern und Rückmeldung geben. Dies hat sich insbesondere auch wieder gezeigt, als unser Land und die Wirtschaft wegen Corona in den Krisenmodus umgeschaltet haben und wir kompetente Sparringspartner für Fragen zum COVID-19 Gesetz der Bundesregierung brauchten.

Wie wird sich die plötzliche Home Office Realität langfristig auf den Büroimmobilienmarkt auswirken?

Zwar genießt das Home Office seit der Krise mehr Akzeptanz, eine komplette Verlagerung aus den Büroräumen in die Wohnräume wird es allerdings nicht geben. Bei der Deutschen Hypo hat sich intern gezeigt, dass sich viele unserer Mitarbeiter*innen vorstellen können, Tage aus dem Home Office zu arbeiten. Dem Großteil ihrer Arbeit wollen sie jedoch nach wie vor aus den Büroräumen unserer Zentrale nachgehen, da dem persönlichen Austausch unter Kolleg*innen nach wie vor ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird, der sich auch positiv auf die Arbeitsmotivation auswirkt. Dennoch wird sich der Büroimmobilienmarkt nach Jahren des Wachstums auf eine Verschiebung gefasst machen müssen. Die wachsende Akzeptanz sowie auch Bereitstellung der Möglichkeiten überhaupt aus dem Home Office arbeiten zu können, werden dazu führen, dass das Angebot zukünftig definitiv mehr in Anspruch genommen wird, als vor der Krise. Nicht ohne Grund prognostiziert der ZIA für den deutschen Immobilienmarkt einen Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen um zehn bis 20 Prozent. Grund zur Sorge gibt das allerdings nicht. Seit 2010 gab es immer weniger leerstehende Büros in deutschen Städten. Zuletzt lag die Leerstandsquote bei rund drei Prozent. Nach Einschätzungen von Expert*innen haben Unternehmen jedoch erst bei einer Leerstandsquote von fünf Prozent genügend Spielraum, um zu expandieren oder ihre Räumlichkeiten zu wechseln. Insgesamt sind die deutsche Wirtschaft sowie der deutsche Immobilienmarkt breit genug aufgestellt, um diese Veränderungen tragen zu können.

Inwiefern hat sich die Kommunikationsstrategie Ihres Hauses im Zuge der COVID-19-Krise verändert?

Der Großteil unserer Mitarbeiter*innen sitzt in unserer Zentrale in Hannover und wir pflegen eine sehr persönliche und offene Kommunikation untereinander. Durch die kurzen Wege kommt es im Normalfall viel zu direkten Kontakten. Mit den steigenden Infektionszahlen zu Beginn des Jahres sind wir schnell in eine Split-Organisation übergegangen, sodass stets 50% aller Mitarbeiter*innen aus dem Home Office heraus gearbeitet haben. Mittlerweile befinden sich 70% der Kolleg*innen wieder im Haus, die Kommunikation verläuft jedoch noch immer hauptsächlich über Telefonkonferenzen und Videocalls mittels Webex. Insbesondere die Videokonferenzen haben die Zusammenarbeit sehr erleichtert, da mittels Mimik und Gestik die Verständigung eindeutig problemloser abläuft. Insgesamt haben wir es geschafft unsere sonst sehr persönliche Kommunikation miteinander auf digitale Wege umzuleiten und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Nichtsdestotrotz habe ich selbst - sowie auch im Gespräch mit meinen Kolleg*innen – gemerkt, dass der Austausch unter physischer Anwesenheit in einigen Situationen noch immer die beliebteste Variante bleibt.

Der persönliche Kontakt hat natürlich auch in der Kunden*innenpflege einen sehr hohen Stellenwert. Mit Beginn der Krise haben wir als Bank schnell reagiert und sofortigen Kontakt mit unseren Kund*innen aufgenommen. Da wir im Endeffekt alle gleichermaßen betroffen waren, haben wir die Hürden zusammen mit unseren Kunden*innen gemeistert. Die gute Kommunikation miteinander konnte so aufrechterhalten werden.