#wirsindpfandbrief: Im Gespräch mit Jürgen Gießler

Jürgen Gießler Mitglied des Vorstands, Bausparkasse Schwäbisch Hall

Mit Ausbruch der Pandemie sind Banken bei Pfandbrief-Emissionen zurückhaltend geworden. Wann steht Ihre nächste Emission an, und wie hat sich durch COVID-19 Ihr Emissionsplan verändert?

Der corona-bedingte Einbruch des Pfandbriefmarktes hat auch unsere Planungen durchkreuzt. Eine für Frühjahr geplante Emission haben wir daher auf das 4. Quartal verschoben.

Welche Lehren zieht Ihre Bank aus der bisherigen Krisenzeit (u.a. in puncto Digitalisierung)?

Keine Krise ist ohne Chance. Die Digitalisierung hat auch in unserer Arbeits- und Geschäftswelt einen Zukunftsschub erfahren in all unseren Arbeitsbereichen. Ein Beispiel: Waren vorher sowohl Kunden als auch unsere Berater gegenüber dem Thema Videoberatung eher skeptisch, hat sich dies durch die zeitweiligen Kontaktbeschränkungen gedreht.

Schwäbisch Hall hat in kürzester Zeit die bundesweit 3.300 Finanzierungsexperten für Videoberatungen mit ihren Kunden geschult und die entsprechende Software ausgerollt. Damit konnten und können die Schwäbisch Hall-Berater auch in der Corona-Krise für ihre Kunden da sein, um bei Fragen zu Baufinanzierungen oder Bausparverträgen schnell weiterzuhelfen. Seit März haben wir so rund 7.000 Finanzierungen allein über Videoberatung ermöglicht.

Welche Maßnahmen aus der Politik wünschen Sie sich bzw. erachten Sie als notwendig?

Wir nehmen auf der einen Seite wahr, dass von verschiedenen Seiten in der derzeitigen Situation der Wunsch nach mehr Information und Aufsicht größer wird. Andererseits würde eine noch stärkere Regulierung in Teilen die Herausforderungen an einen stabilen Finanzierungsmarkt konterkarieren. Wir wünschen uns deshalb ein überlegtes Vorgehen mit Augenmaß gerade in den aktuell hektischen Zeiten.

Unsere Kampagne trägt den Namen #wirsindpfandbrief. Inwiefern profitieren Sie von der Zusammenarbeit im vdp – allgemein und insbesondere während der COVID-19-Pandemie?

Als Bausparkasse sind wir erst seit ein paar Jahren berechtigt, Pfandbriefe zu emittieren. Daher sind wir erst seit kurzem Mitglied im Verband und profitieren sehr von der fachlichen Unterstützung bei diesem für uns neuen, spannenden Aufgabenfeld. Das betrifft unter anderem die Erörterungen mit den Verbandsmitarbeitern zu pfandbriefrechtlichen Fragestellungen oder Themen in der Verbandsarbeit in den Ausschüssen und Arbeitskreisen, z.B. zu § 28 PfandBG vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie.

Wie wird sich die plötzliche Homeoffice-Realität langfristig auf den Büroimmobilienmarkt auswirken? (Wird sich Homeoffice auch nach der COVID-19-Krise verstärkt durchsetzen und Büroflächen obsolet machen?)

Wir haben in der Corona-Krise die Vorteile des mobilen Arbeitens kennen gelernt und die entsprechenden technischen Voraussetzungen für eine Vielzahl von Menschen geschaffen. Wir werden hier in Zukunft sicher einen höheren Anteil an mobilem Arbeiten als bisher sehen. Dies wird sich auch auf Pendlerströme und Immobilienpreise im Umland großer Metropolen wie auch in ländlichen Räumen auswirken. Allerdings haben wir auch erfahren, wie wichtig der persönliche Austausch unter Kollegen ist und welchen Wert die Information am Kaffeeautomaten hat. In den USA ist – abgesehen von corona-bedingten Vorsichtsmaßnahmen - gerade bei den digitalen Giganten ein Trend von der Mobilität zurück zu mehr Büropräsenz festzustellen. Unser Fazit: es braucht weiterhin Büro- und Kommunikationsflächen in den Unternehmen. Langfristig sicher weniger als heute durch hybride Arbeitsmodelle und flexible Organisationsgestaltung wie Desksharing. Gerade in Innenstadtlagen von Großstädten könnten durch anhaltenden Kostendruck teure Büroflächen verdichtet werden.