#wirimwandel: Interview mit Alexander Müller

Alexander Müller Vorstandsmitglied, Deutsche Apotheker- und Ärztebank

Krieg, Energieversorgung, Inflation: Die Welt steht vor enormen Herausforderungen und einer grundlegenden Wende. Wie stellen Sie sich in Ihrem Institut auf diesen Wandel ein?

Der Krieg in der Ukraine hat, neben den katastrophalen humanitären Folgen, eine hohe Unsicherheit in die Weltwirtschaft gebracht – und das in einer Zeit, in der die anhaltende Corona-Pandemie auch im dritten Jahr in Folge die weltweiten Volkswirtschaften belastet. In einem solchen Umfeld müssen Banken ganz besonders darauf bedacht sein, ihre Ressourcen optimal einzusetzen und ihre Geschäftsmodelle zu schärfen. Langfristig erfolgreich bleibt nur, wer seine Profitabilität nachhaltig sichert und für eine auskömmliche Kapitalisierung sorgt. Die apoBank setzt vor diesem Hintergrund die Weiterentwicklung ihres erfolgreichen Geschäftsmodells fort. Konkret verfolgen wir eine selektive Wachstumsstrategie im Geschäft mit den Angehörigen der Heilberufe und ihren Organisationen. Unser Fokus liegt dabei auf der Rückbesinnung auf unser Kerngeschäft, d. h. auf die Finanzierungsbedürfnisse sowie den Vermögens- und Vorsorgeaufbau unserer heilberuflichen Kundinnen und Kunden.

Welche wirtschaftliche Entwicklung erwarten Sie für Deutschland in den nächsten drei Jahren, und mit welchen Auswirkungen auf den Immobilien- und Pfandbriefmarkt rechnen Sie?

Angesichts der hohen Unsicherheit in der Weltwirtschaft sind langfristige Prognosen derzeit nur schwer möglich. Fakt ist, dass sich der globale Konjunkturausblick nach sechs Monaten Krieg deutlich eingetrübt hat. Die deutsche Wirtschaft ist dabei am stärksten von dem stagflationären Schock betroffen. Auf Sicht von zwölf Monaten erwarten wir eine weiterhin deutlich nachlassende Konjunkturdynamik hierzulande; eine Rezession erscheint nahezu unausweichlich. Das hat auch negative Auswirkungen auf die Nachfrage am Immobilienmarkt. Zusätzlich belasten die höheren Zinsen. Nicht zuletzt verteuern regulatorische Maßnahmen wie die höhere Unterlegung von Immobilienkrediten mit Eigenkapital die Finanzierungsmöglichkeiten, was die Nachfrage zusätzlich reduzieren dürfte. Damit einhergehend rechnen wir perspektivisch – neben höheren Überdeckungsanforderungen der Ratingagenturen – auch mit reduzierten Emissionsaktivitäten bei Hypothekenpfandbriefen. Gleichwohl kann der Emissionsbedarf der Banken zunächst noch ansteigen, wenn diese ihre TLTRO-Mittel zurückführen.

Kreditinstitute nehmen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen eine Schlüsselrolle ein. Was ist Ihr Appell an Aufsicht und Politik?

Um die Rolle angemessen ausfüllen zu können, wünschen wir uns – und da werden alle Bankenvertreter in dieselbe Richtung sprechen – einen Dialog auf Augenhöhe mit Aufsicht und Politik. Regulierung ist zweifellos wichtig. Doch sie sollte mit Maß erfolgen und auch gewisse Flexibilitäten ermöglichen, d. h. individuelle Freiheiten für einzelne Kreditinstitute dort zulassen, wo diese vertretbar sind. Anders gesagt: Wenn Regulierung Schaden abhält, ist sie gut und sinnvoll – wenn sie hingegen dazu führt, dass an sich gesunde Unternehmen aufgrund von Liquiditätsengpässen in die Insolvenz abgleiten, sollte sie überdacht werden. Entscheidend ist in jedem Fall, dass Aufsicht und Politik transparent und mit ausreichend zeitlichem Vorlauf über die geplanten nächsten Schritte kommunizieren, damit sich die Banken entsprechend darauf einstellen können.