Aufsichtspraxis

Wie alle Institute des Euroraums unterliegen die Pfandbriefbanken dem einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus (SSM). Die verschiedenen Behörden der Bankenaufsicht konkretisieren mittels europäischer oder nationaler Vorgaben die regulatorischen Anforderungen und führen den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) durch.

Die Bankenaufsicht basiert rechtlich auf europäischen und nationalen Grundlagen und wird von unterschiedlichen Aufsichtsbehörden auf europäischer und nationaler Ebene wahrgenommen. Bedeutende Institute werden direkt von der EZB-Bankenaufsicht durch sogenannte Gemeinsame Aufsichtsteams (JST) beaufsichtigt. Weniger bedeutende Institute werden durch national zuständige Behörden (NCAs) beaufsichtigt, wobei die EZB-Bankenaufsicht ihre indirekte Aufsicht insbesondere durch Vorgaben für eine einheitliche Aufsichtspraxis ausübt. In Deutschland nimmt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank die direkte Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute wahr. Die Einstufung als bedeutendes oder weniger bedeutendes Institute ist in der SSM-Verordnung geregelt.

Grafik Bankaufsicht

  

Rechtliche Grundlagen der Bankenaufsicht

Die rechtlichen Grundlagen der Aufsicht sind im Wesentlichen geregelt durch die europäischen Verordnungen/Richtlinien:

  • CRR (Capital Requirements Regulation) und ergänzende Verordnungen CRR und CRD (Capital Requirements Directive)
  • SSM (Single Supervisory Mechanism) Verordnung
  • Nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie CRD im Kreditwesengesetz (KWG) sowie den dazugehörenden Verordnungen

Für Pfandbriefbanken ist zusätzlich das Pfandbriefgesetz (PfandBG) von Bedeutung.

Konkretisierung der regulatorischen Anforderungen

Die Bankenaufsicht konkretisiert durch ihre Verlautbarungen die regulatorischen Anforderungen. Auf europäischer Ebene gibt die Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA Leitlinien vor. Die Leitlinien sind von den zuständigen Behörden (für deutsche Institute die EZB-Bankenaufsicht oder die BaFin) im Rahmen des sogenannten „Comply or Explain“-Prinzips vollständig, teilweise oder gar nicht anzuwenden. Die zuständigen Aufsichtsbehörden konkretisieren darüber hinaus durch weitere Verlautbarungen die regulatorischen Anforderungen.

Die EBA nimmt im Rahmen des „Single Rulebook Q&A-Prozesses“ auch die Auslegung der CRD/CRR wahr, die für Institute jedoch nicht unmittelbar bindend ist. Letztlich entscheidet die zuständige Behörde, ob sie EBA-Auslegungsentscheidungen in ihre Verwaltungspraxis übernimmt. Im Regelfall übernehmen die EZB-Bankenaufsicht und die BaFin jedoch die EBA-Auslegungsentscheidungen.

Auch die EZB-Bankenaufsicht entwickelt Aufsichtsmethoden und -standards, die unter anderem in Form von Weisungen, Leitfäden und Verordnungen in unterschiedlicher Ausprägung für den gesamten einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus (SSM) Wirkung entfalten.

Zudem veröffentlichen auch die BaFin und die Deutsche Bundesbank Auslegungsentscheidungen, Merkblätter, Rundschreiben und Verfügungen, die primär für die direkt von ihnen beaufsichtigten Institute relevant sind. Hierzu zählt beispielsweise auch der Leitfaden für die Ausgestaltung der Risikotragfähigkeit. Hervorzuheben ist auch das BaFin-Rundschreiben zu den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), das wiederum für alle Institute – unter besonderer Berücksichtigung der Proportionalität - relevant ist.

Für alle Institute – unabhängig davon ob bedeutend oder weniger bedeutend – legt die BaFin die Quoten für den auf deutsche Risikopositionen entfallenden antizyklischen Kapitalpuffer sowie die Kapitalpuffer für systemische Risiken und für global bzw. anderweitig systemrelevante Institute fest.

Im Hinblick auf Immobilienfinanzierungen ist zudem der sogenannte Hard Test hervorzuheben. Die BaFin entscheidet auf Basis der von den Instituten gemeldeten Verluste aus Immobilienfinanzierungen, ob ein gut entwickelter und seit langem etablierter Immobilienmarkt vorliegt. Ist der Hart Test – wie in den letzten Jahren in Deutschland – erfüllt, profitieren Immobilienfinanzierungen von regulatorischen Privilegien (siehe auch CRD/CRR, Europäische Regelungen). Die öffentlich verfügbaren Daten zu Verlusten je ausstehenden Krediten stellen sich wie folgt dar:

Verlustquoten aus vollständig besicherten Immobilienfinanzierungen

Quelle: BaFin

Aufsichtlicher Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP)

Im SREP werden sowohl die Risikosituation und -kontrollen des Instituts als auch die damit verbundene intern ermittelte Angemessenheit der Kapital- und Liquiditätsausstattung des Instituts (ICAAP und ILAAP) überprüft und bewertet. Basis bilden die SREP-Leitlinien der EBA. Vor-Ort-Prüfungen, die aufsichtliche Überprüfung interner Stresstests und aufsichtliches Benchmarking von internen Ansätzen stellen wesentliche Aufsichtsaktivitäten dar, deren Ergebnisse ebenfalls in den SREP einfließen. Der SREP folgt aufgrund der entsprechenden EBA-Leitlinien dem sogenannten ‚Säule 1 plus‘-Ansatz, bei dem die Mindestanforderungen der Säule 1 (gemäß CRD/CRR) um institutsindividuelle aufsichtliche Kapitalanforderungen zur Abdeckung von nicht oder nicht ausreichend in der Säule 1 berücksichtigten Risiken (z. B. Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch) ergänzt werden - sogenannte zusätzliche Eigenmittelanforderungen nach § 6c KWG in Säule 2.

Aufsichtliche Stresstests

Die im Rahmen des SREP ermittelten individuellen zusätzlichen Eigenmittelanforderungen werden ergänzt durch eine individuelle Eigenmittelempfehlung nach §6d KWG. Diese Eigenmittelempfehlung wird auf Basis der Ergebnisse von jährlich durchzuführenden aufsichtlichen Stresstests von der zuständigen Aufsichtsbehörde festgelegt. In der Regel basiert die Eigenmittelempfehlung auf der Reduzierung der Kapitalausstattung des Instituts bei Anwendung eines makroökonomischen Abschwungszenarios.

Aktuelle Entwicklungen

Mehrere Arbeitsgruppen der EBA haben im September 2020 mit der Erarbeitung der in der CRD (Artikel 84 und 98) mandatierten Leitlinien und Technischen Regulierungsstandards (RTS) für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch (IRRBB) begonnen. Es geht um folgende Papiere:

  • Leitlinien zu IRRBB-Anforderungen sowie zu Credit-Spread-Risiken im Anlagebuch (CSRBB) mit Anforderungen an bankinterne Modelle unter Säule II
  • RTS mit vier neuen aufsichtlichen Standardansätzen
  • RTS zum sogenannten aufsichtlichen Ausreißertest (SOT)

Die EBA hat im Oktober 2022 die finalen Leitlinien und die finalen Entwürfe der beiden RTS veröffentlicht. Das Inkrafttreten der Vorgaben sowie die Erstanwendung findet voraussichtlich im Laufe der Jahre 2023 und 2024 statt.