Wohnimmobilienmarkt im Fokus
Berlin, 5. September 2024
vdp Immobilien-Forum 2024 beleuchtet den Markt für Wohnimmobilien
Das Immobilien-Forum des vdp am 5. September 2024 in Berlin lieferte Informationen über Trends im Markt für Wohnimmobilien und fokussierte sich dabei stark auf die Aussichten für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Knapp 100 Gäste nahmen an der Veranstaltung in Berlin in Präsenz teil. Weitere rund 400 Teilnehmer:innen nutzten den virtuellen Zugang.
vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt betonte in seiner Begrüßungsansprache, dass es sich beim Thema Wohnen nicht nur um einen Markt, sondern ganz zentral um eine gesellschaftspolitische Herausforderung handelt. In Deutschland werde zu wenig Wohnraum geschaffen, es fehle besonders an bezahlbarem Wohnraum. Vor allem in Großstädten sei der Erwerb von Wohneigentum für sehr viele Haushalte zum reinen Wunschdenken geworden. Dramatisch sei zugleich, dass sich immer mehr Menschen auch die gestiegenen und wohl weiter steigenden Mieten nicht mehr leisten könnten. Dies habe Potenzial für gesellschaftliche Spannungen und spiele – wie eben bei zwei Landtagswahlen geschehen – extremistischen Parteien in die Hände. Das Problem sei der Bundesregierung durchaus bewusst, sie habe 2022 das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ etabliert und endlich auch ein eigenes Ministerium, mit einer engagierten Ministerin an der Spitze, etabliert. Der Großteil der bisher vom Ministerium verabschiedeten Maßnahmen sei zwar zielführend, reiche aber nicht aus, um neuen Wohnraum im benötigten Umfang zu schaffen. Es brauche mehr Unterstützung, vor allem auch finanzieller Art seitens des Bundes und der Länder.
Im Anschluss gab Thomas Hofer, vdp-Bereichsleiter Immobilienmarkt und -finanzierung, einen Überblick über die Nachfrage nach Wohnimmobilienkrediten. Diese sei ab Mitte 2022 infolge des kräftigen Zinsanstiegs deutlich zurückgegangen. Große Teile der mittleren Einkommensgruppen seien aufgrund gestiegener Immobilienpreise und höherer Zinsen als Nachfrager ausgefallen. Positive Anzeichen gäbe es jetzt, da sich die Darlehenszinsen stabilisiert hätten und steigende Löhne und eine geringere Inflationsrate den Ausgabenspielraum der Haushalte erhöhen würden. Steigende Mieten ließen zudem den Wohneigentumserwerb wieder attraktiver erscheinen. Entsprechend nehme die Nachfrage nach Finanzierungen wieder zu.
Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) beleuchtete das Thema „Mangelware Wohnung“. Für ihn sei u. a. der Fachkräftemangel und die geringe Produktivität der Baubranche für die geringe Anzahl von Wohnungsneubauten verantwortlich. Da das Wohnungsangebot in Deutschland jetzt schon viel zu gering sei und der Nettozuwanderungsbedarf bei jährlich 400.000 bis 500.000 Mensch läge, sei es dringend erforderlich, die Produktivität in der gesamten Wertschöpfungskette des Baus zu steigern. Dies wäre beispielsweise über Aufstockungen von Gebäuden, aber vor allem durch vermehrt serielles Bauen zu erreichen. Als Beispiel nannte er Dänemark, hier liege der Anteil von Wohnungen aus serieller Fertigung mittlerweile bei 40 Prozent. Bisher würden eine ausufernde Regulierung, geringe Skaleneffekte im Bau sowie Rechtsunsicherheiten bei Innovationen die nötigen Produktionsfortschritte verhindern. Wichtig sei, und das gelte auch für die ESG-Regulierung, sich auf Zielsetzungen und nicht auf Standards zu konzentrieren, so Professor Voigtländer.
Fabian Viehrig, Leiter Bauen und Technik beim Branchenverband GdW, forderte „Mehr Tempo für bezahlbares Wohnen“. Er zeigte sich besorgt, dass der darbende Wohnungsbau und die fehlende Erholung bei den Baugenehmigungen zum Verlust von Kapazitäten in der Bauindustrie führen könnten. Diese seien dann endgültig verloren und stünden bei einer Erholung nicht mehr zur Verfügung. Es gelte, entsprechende Konzepte zu entwickeln, mit denen weniger Menschen mehr bauen könnten. Zielführend seien aus seiner Sicht die stärkere Nutzung von seriellen und modularen Bautechnologien, hierbei würden u. a. verstärkt vorgefertigte Teile zum Einsatz kommen. Der GdW habe hierzu Rahmenverträge für serielles und modulares Bauen entwickelt. Viehrig zeigte sich überzeugt, dass im Rahmen dieser Konzepte Wohnungen errichtet werden könnten, die eine Miete von 14 Euro erforderten. Niedrigere Mieten seien aber nur durch mehr finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand möglich.
Die folgende Paneldiskussion stellte die Frage in den Mittelpunkt, ob die im Bündnis bezahlbares Wohnen beschlossenen Maßnahmen ausreichen.
Als Gäste nahmen an der Diskussionsrunde teil:
Sandra Wehrmann, Mitglied des Vorstands der degewo,
Christian Schmid, Mitglied des Vorstands der Helaba,
Prof. Dr. Michael Voigtländer, Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
Sie diskutierten mit dem Moderator Michael Fabricius, Immobilienredakteur der WELT.
Sandra Wehrmann zeigte auf, wie sich die Bauleistung der degewo jüngst verändert habe. Aufgrund gestiegener Zinsen und Baukosten und Änderungen bei KfW-Förderdarlehen würden 2025 weniger Wohnungen fertiggestellt als dieses Jahr (1.500 Wohneinheiten). Ab 2026 sei wieder mit einer höheren Anzahl neuer Wohnungen zu rechnen. Derzeit könnten Wohnungen fertiggestellt werden, die durchschnittlich 15 Euro Miete erforderten. Bei dieser Kalkulation sei aber zu berücksichtigen, dass die degewo jeweils 50 % frei finanzierte und 50 % geförderte Wohnungen errichten würde.
Mit Blick auf die Entwicklung des deutschen Immobilienmarktes zeigte sich Christian Schmid überzeugt, dass in vielen Segmenten eine Preisstabilisierung stattfinde. Dabei sei aber zu beachten, dass die Differenzierung auch innerhalb der Asset-Klassen und der Lagen zunehme. Bei guten Lagen und guter Qualität sei die Bodenbildung erkennbar, bei Wohnimmobilien seien sogar wieder höhere Preise absehbar.
Auf die immer wichtiger werdende Bedeutung von ESG-Aspekten wies Professor Voigtländer in der Diskussion hin. Das Ziel, in Deutschland ab 2045 ohne den Einsatz fossiler Energie auszukommen, begrüße er ausdrücklich. Allerdings gelte es jetzt, sich auf den verstärkten Einsatz von erneuerbarer Energie zu fokussieren. Deutschland „fördere sich zu Tode“ und habe sich „verrannt“, was detailreiche Standards angehe, so Voigtländer. Nachdem das Ziel klar sei, müssten die Wege zu dessen Erreichung für die Marktteilnehmer frei sein.
Gleicher Meinung ist Sandra Wehrmann, die sich wünschte, dass vor allem Fernwärme grün wird, da hier große Effekte erzielbar seien. Dagegen bringe maximale Gebäudesanierung die geringsten Effekte, der Energieverbrauch ginge durch solche Maßnahmen relativ wenig zurück. Als Belastung für die Umsetzung energetischer Maßnahmen in Neubau und Sanierung sieht sie das Fehlen von Fachexperten im Bausektor für diese Themen.
Hart mit der ESG-Regulierung ins Gericht ging Christian Schmid. Die Transformation von Immobilien von „braun“ zu „grün“ sei praktisch nicht vorgesehen. Darüber hinaus fehle es in Europa an Innovationen, hier würden kleinteilige Maßnahmen beschlossen und mögliche Projekte wie „CO2-Speicher“ vernachlässigt. Auch Professor Voigtländer wünschte sich andere Schwerpunkte bei der ESG-Regulierung. Politik und Regulierung sollten viel stärker auf den CO2-Preis setzten, hier habe z. B. Schweden mit deutlich höheren Preisen spürbare Erfolge bei der CO2-Reduzierung erzielt. In die Forderung von Christian Schmid, nicht dauernd über Dämmung zu reden, sondern bei der nachhaltigen Transformation endlich auch über neue Technologien, stimmte die Diskussionsrunde ein.
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