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„Umfang und Schärfe der makroprudenziellen Maßnahmen sind nicht gerechtfertigt“

Berlin, 14. Januar 2022

Die BaFin plant makroprudenzielle Maßnahmen zu einem unglücklichen Zeitpunkt und in einem Umfang, der nicht nachvollziehbar ist.

Die Aufsicht sieht offenbar Risiken für Banken im Wohnimmobilienmarkt und plant daher die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers sowie eines sektoralen Risikopuffers. Damit werden bei den Banken in Summe mehr als 22 Mrd. Euro an hartem Kernkapital festgesetzt, wie die BaFin berechnet hat. Betroffen davon werden nur die Banken und nicht andere Kreditgeber sein, die sich vermutlich jetzt verstärkt in der Kreditvergabe für privaten Wohnraum engagieren werden. Das führt die Intention der BaFin nach einer Dämpfung der Entwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt ad absurdum. 

„Als kontraproduktiv erweist sich zudem die aus den Maßnahmen resultierende Einschränkung der Kreditvergabefähigkeit von Banken. Schließlich stellen Banken nicht nur eine auskömmliche Kreditversorgung der Realwirtschaft sicher, sondern müssen und sollen aktuell und zukünftig neben der Begleitung der Kunden in der COVID-19-Pandemie auch die politisch gewollte ökologische und digitale Transformation der Wirtschaft finanzieren“, konstatiert vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. 

„Der Wohnimmobilienmarkt in Deutschland lässt aktuell keine Entwicklung erkennen, die Maßnahmen der BaFin in dieser Schärfe rechtfertigen würde“, so Tolckmitt.

Die Kreditvergabestandards der Banken sind risikoorientiert und die Kreditnehmer agieren ebenso, wie die aktuellen Daten aus der regelmäßigen vdp-Erhebung zur Wohneigentumsfinanzierung (zuletzt 2021) zeigen: Der Fremdmittelanteil hat zuletzt abgenommen und liegt im Durchschnitt bei 80%, der Betrag der eingebrachten Eigenmittel ist erheblich gestiegen. Zudem ist seit dem Jahr 2016 die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) in Kraft. So prüfen Banken im Rahmen der WIKR intensiv, ob ein möglicher Kredit für den Darlehensnehmerhaushalt auch angemessen ist. Der Anteil der Aufwendungen für die Bedienung des Darlehens an den verfügbaren Einkommen der Erwerberhaushalte, die so genannte Kreditbelastungsquote, sank innerhalb der letzten zwei Jahre von 26% auf 25% und liegt damit auf einem im langfristigen Vergleich ausgesprochen niedrigen Niveau. Aus der Entwicklung des Kreditbestands der Banken lassen sich zudem die beträchtlichen Tilgungen ablesen, die von den Kreditnehmer:innen vorgenommen werden. Die durchschnittliche Anfangstilgung liegt seit 2015 bei rund 3 %. Die laufenden Kredite werden bedient, die Schuldentragfähigkeit der privaten Haushalte ist bislang robust – dies bestätigt auch die Bundesbank in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht. Deutschland weist eine solide Entwicklung des Arbeitsmarktes auf und das Einkommen der privaten Haushalte ist auch in Zeiten der Pandemie weitestgehend konstant geblieben. Zudem haben Kreditnehmer:innen ihre Darlehenskonditionen für lange Zeiträume vereinbart, die vereinbarte Zinsbindungsfrist hat sich bei 14-15 Jahren eingependelt. 

Alles in allem zeigen die Parameter die hohe Stabilität der deutschen Wohneigentumsfinanzierung. Ein Überschwappen etwaiger Probleme in den Finanzsektor ist daher sehr unwahrscheinlich - die Finanzstabilität ist gewährleistet. Dass dennoch jetzt solch gravierende Maßnahmen seitens der Aufsicht geplant sind, ist offenbar auch auf den Druck internationaler Institutionen zurückführen. Wichtig ist hier aber die Botschaft: Die Situation in Deutschland ist nicht automatisch vergleichbar zu der in anderen Ländern. 

Denn die Preissteigerungen auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt lassen sich fundamental erklären und ein plötzlicher Preisverfall von Wohnimmobilien zeichnet sich nicht ab. Im Gegenteil: Die Nachfrage übersteigt immer noch das Angebot, ein Leerstand von nicht abbezahlten Wohnimmobilien, wie es in den USA oder Spanien der Fall war, ist nicht erkennbar. Zu befürchten ist dagegen, dass die geplanten makroprudenziellen Maßnahmen die dringend benötigten Investitionen in den Wohnungsneubau sowie in die energetische Sanierung des Bestands, die sich die neue Bundesregierung als eines ihrer zentralen Projekte vorgenommen hat, behindern. Die notwendige Ausweitung des Angebots an Wohnimmobilien, von der ja eine preisdämpfende Wirkung erwartet wird, wird so nicht vorankommen. Auch der Klimaschutz wird einen erheblichen Dämpfer erleiden, wenn die erforderliche Sanierung zur Verminderung des CO2-Ausstoßes ausbleibt.