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Kleindarlehen
Die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) sieht Erleichterungen bei der Wertermittlung für die standardisierte private Wohnungsbaufinanzierung in Deutschland vor. Mit diesen Erleichterungen nach § 24 BelWertV kann der Kreditvergabeprozess in diesem risikoarmen Geschäftszweig effizient gestaltet werden, ohne dass die strengen Prinzipien der Beleihungswertermittlung verletzt werden.
Der vdp hat praktische Umsetzungshilfen (UKD) zur kreditwirtschaftlichen Wertermittlung im Kleindarlehensbereich entwickelt. Sie setzen sich aus Stellungnahmen und Interpretationen der Bankenaufsicht, Erfahrungen aus Deckungsprüfungen in vdp-Mitgliedsinstituten, institutsübergreifend abgestimmten vdp-Ausarbeitungen sowie der Meinungsbildung der in den vdp-Gremien vertretenen Bewertungsexperten zusammen.
Die einzelnen UKD werden zusammen mit den vdp-Bewertungsgremien fortlaufend aktualisiert und sind jeweils mit einem Arbeitsstand datiert.
Die Veröffentlichung eines zusammenhängenden Lehrbuchs oder Ausbildungsmaterials zur kreditwirtschaftlichen Wertermittlung ist nicht intendiert. Daher wird in den UKD hauptsächlich auf Aspekte der Bewertung mit direktem Bezug und besonderer Relevanz im Kleindarlehensbereich eingegangen. Methodische Grundlagen und Themen von allgemeiner aber nicht kleindarlehensspezifischer Bewertungsrelevanz werden bewusst ausgeklammert. In diesem Zusammenhang sei auf Band 55 der vdp-Schriftenreihe „Wolfgang Crimmann – Der Beleihungswert“ verwiesen.
Eine Gesamtversion aller aktuellen UKD ist hier downloadbar.
Umsetzungshilfen zur kreditwirtschaftlichen Wertermittlung im Kleindarlehensbereich (UKD)
UKD 1 Prozesse & Akteure
1.1 Definition Kleindarlehen, Stand 20.04.2020
Unter einem Kleindarlehen wird eine Beleihung eines im Inland gelegenen wohnwirtschaftlich genutzten Objekts verstanden, wenn der auf dem Objekt abzusichernde Darlehensbetrag unter Einbeziehung aller Vorlasten den Betrag von 400.000 Euro nicht übersteigt. Bei einer teilweise gewerblichen Nutzung des Objekts darf jedoch der darauf entfallende Ertragsanteil ein Drittel des Rohertrags nicht überschreiten. Für eigengenutzte oder nutzungsfreie Bereiche der Immobilie wird dabei in der Regel ein kalkulatorischer Mietansatz herangezogen.
Die BaFin hatte sich diesbezüglich wie folgt schriftlich positioniert:
„…dass der in § 24 Abs. 1 BelWertV zitierte „auf dem Objekt abzusichernde Darlehensbetrag“ nichts anderes sei, als der Betrag, um den das Objekt mittels Grundpfandrecht als Sicherheit für das Darlehen belastet wird bzw. bereits belastet ist. Demnach ist nicht die jeweilige Kreditanspruchnahme, sondern der Beleihungsauslauf, d. h. der Nominalbetrag der Grundschuld einschließlich Vorlasten maßgebend. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die für sog. Kleindarlehen zugelassene Vereinfachung nur dadurch begründet werden kann, dass es sich bei den betreffenden Beleihungen zumeist um risikoarmes und standardisiertes Mengengeschäft handelt. Diese Voraussetzungen sind aber nur gegeben, wenn das einzelne Immobilienobjekt, welches auch als Sicherheit für die Deckungsmassen herangezogen wird, lediglich bis zu einem begrenzten Betrag – vorliegend € 400.000 – durch grundpfandrechtliche Verfügungen belastet ist. Daher kann nicht auf den Deckungsteil oder die persönliche Forderung abgestellt werden, sondern muss der Beleihungsauslauf, der auf dem Objekt insgesamt lastet, bewertet werden. Es dürfte der Kreditpraxis entsprechen, dass Banken zur Sicherung von sämtlichen Forderungen an einen Kreditnehmer die jeweils vorhandenen Grundschulden verwenden, so dass eine Objektbelastung über das Deckungsdarlehen hinaus bis zur Höhe des Grundschuldbetrages üblich ist, umso mehr, wenn auch kurzfristige Ausleihungen z. B. im Rahmen von Kontokorrent-Krediten vergeben werden. Unstrittig dürfte sein, dass die auf dem Objekt lastende vorrangigen Rechte mindernd einzubeziehen sind.“[1]
Um die Qualität gleichermaßen zu gewährleisten, sind, mit Ausnahme der in § 24 BelWertV dargelegten Erleichterungen, alle Vorschriften der BelWertV auch für Wertermittlungen im Kleindarlehensbereich anzuwenden. Somit ist Transparenz und Einheitlichkeit in der Anwendung der Wertermittlungsverfahren gewährleistet.
1) Schreiben der BaFin an den vdp vom 9. Januar 2009, GZ: BA 32-FR 2678-2008/0001, Methodische Fragen der Beleihungswertermittlung § 24 Abs. 1 BelWertV: Kleindarlehensgrenze, Bezugsgröße
1.2 Erleichterungen im Kleindarlehensbereich, Stand 20.04.2020
Kann ein Darlehen als Kleindarlehen im Sinne des § 24 BelWertV klassifiziert werden und werden die Anforderungen an das Beleihungsobjekt erfüllt, können die folgenden Erleichterungen in Anspruch genommen werden:
Bei der Dokumentation der Wertermittlung
Anstelle eines förmlichen Gutachtens gemäß § 5 BelWertV reicht die Erstellung einer vereinfachten Wertermittlung aus. Umfangreiche textliche Erläuterungen bspw. zur Einschätzung der Lagequalität oder des Objektzustandes können entfallen und werden durch standardisierte Textbausteine und/ oder Beurteilungen durch Auswahl auf vorgegebenen Skalen umgesetzt. Ungeachtet dessen sind die wertrelevanten Ansätze, wenn auch in einer vereinfachten Form, zu begründen.
Bei der Qualifikation und Unabhängigkeit der Wertermittler
In §§ 6 und 7 BelWertV werden die Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit der Gutachter für die Erstellung von Beleihungswertermittlungen geregelt. § 24 Abs. 2 BelWertV ermöglicht hierzu Erleichterungen für den Kleindarlehensbereich. Der Wertermittler im Kleindarlehensbereich muss für die Beleihungswertermittlung der entsprechenden Objekte innerhalb der Kleindarlehensgrenze ausreichend geschult und qualifiziert sein. Ein Nachweis der ausreichenden Schulung und Qualifizierung kann durch entsprechende bankinterne Schulungen oder mittels geeigneter Weiterbildungen externer Anbieter erbracht werden.
Der Wertermittler darf zudem nicht identisch sein mit der Person, die die abschließende Kreditentscheidung trifft oder den Beleihungswert festsetzt. Er darf auch nicht in einem verwandtschaftlichen, einem sonstigen rechtlichen oder einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Darlehensnehmer stehen und darf kein eigenes Interesse am Ergebnis des Gutachtens haben.
Eine Vereinfachung bei der Unabhängigkeit ergibt sich im Kleindarlehensbereich durch den ausschließlichen Verweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 BelWertV in § 24 Abs. 2 BelWertV und eben nicht auf § 7 Abs. 1 Satz 1: Somit entfällt für den Kleindarlehensbereich das Erfordernis, dass ein vom Kreditakquisitions- und Kreditentscheidungsprozess als auch von Objektvermittlung, -verkauf und -vermietung unabhängiger Gutachter einzuschalten ist. Somit kann die Funktionstrennung im Zuge der Kreditbearbeitung innerhalb des Vier-Augen-Prinzips erfolgen und die Wertermittlung also auch von einer Person, die in die Kreditbearbeitung eingebunden ist, erstellt werden. Jedoch darf nach § 24 Abs. 2 Satz 2 BelWertV der Mitarbeiter, der die Wertermittlung erstellt, die abschließende Kreditentscheidung in diesem Falle nicht treffen oder den Beleihungswert festsetzen.
Um die Ordnungsmäßigkeit der Wertermittlungen sicherzustellen, müssen gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 BelWertV Gutachter, die die Anforderungen der §§ 6 und 7 BelWertV erfüllen, in regelmäßigen Abständen die Überprüfung einer hinreichend großen Zahl repräsentativer Stichproben an Wertermittlungen vornehmen (siehe UKD 1.9).
Bei der Besichtigung
Grundsätzlich ist jedes Objekt im Rahmen der Wertermittlung zu besichtigen. In § 24 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 der BelWertV sind jedoch vier Ausnahmen festgelegt, die es rechtfertigen, auf eine Besichtigung im Kleindarlehensbereich komplett zu verzichten. In § 24 Abs. 3a werden weitere Ausnahmen definiert, bei denen eine Innenbesichtigung entfallen kann.
Die Objektbesichtigung muss nicht zwingend durch die Person erfolgen, die die Wertermittlung erstellt. Sie kann auch durch einen Mitarbeiter der Pfandbriefbank, eines kooperierenden Kreditinstituts oder Versicherungsunternehmens sowie im Auftrag der Pfandbriefbank oder des kooperierenden Instituts durch einen externen Dienstleister durchgeführt werden.
UKD 1.5 zur Objektbesichtigung widmet sich dieser Thematik ausführlich.
Beim Portfolioankauf
In § 24 Abs. 4 BelWertV wird ausführlich beschrieben, wie die Pfandbriefbank bei Portfolioankäufen bezüglich der Sicherheitenbewertung verfahren kann, wenn es sich bei dem anzukaufenden Portfolio um den Erwerb einer Vielzahl von Darlehensforderungen handelt, die von einem anderen Kreditinstitut oder einer Versicherungsgesellschaft veräußert werden.2)
2) Für weiterführende Informationen siehe Wolfgang Crimmann, Studienbrief Der Beleihungswert, S. 169-170, 5. Auflage 2016.
1.3 Objektinformationen und Prüfung der Pfandidentität, Stand 09.02.2021
Objektinformationen
Für die Wertermittlung ist es unerlässlich, sich umfassend über das Bewertungsobjekt zu informieren, d. h. Informationen insbesondere zu den technischen und rechtlichen Eigenschaften des Objektes sowie dessen Lage zu beschaffen. Quelle neben den Objektunterlagen sind die Erkenntnisse aus der Objektbesichtigung.
In den gesetzlichen Grundlagen für die kreditwirtschaftliche Wertermittlung gibt es keine expliziten Vorgaben, welche Unterlagen für eine Wertermittlung notwendig sind. Während einige Unterlagen für die Identität des Pfandobjektes und eine Beurteilung der Werthaltigkeit des Beleihungsobjektes unerlässlich sind, wie die Flurkarte und ein Grundbuchauszug, kann hinsichtlich weiterer Unterlagen einzelfallbezogen entschieden werden, ob diese notwendig sind. Sachgerechte, standardisierte Vorgaben hinsichtlich der benötigten Unterlagen sollten sowohl zur Vereinheitlichung der internen Prozesse als auch mit dem Ziel aufgestellt werden, bereits im Rahmen der Kreditanbahnung vom Kunden möglichst alle notwendigen Unterlagen zum Objekt einzufordern.
Ungeachtet von standardisierten Vorgaben obliegt es dem Wertermittler zu entscheiden, ob ggf. weitere Unterlagen erforderlich sind oder im Einzelfall auf bestimmte Unterlagen verzichtet wird, weil die notwendige Information auf andere Art und Weise, z. B. im Rahmen der Besichtigung, eingeholt werden kann.
Objekt- und Pfandidentität
Ein Grundstück ist über die dem öffentlichen Glauben unterliegenden wesentlichen Grundbuchmerkmale i.V.m. einer Katasterkarte/-auszug (Flurkarte) eindeutig bestimmt. Die Begründung von Wohn- und Teileigentum erfolgt durch die Erklärung des Eigentümers gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an einem Grundstück in Miteigentumsanteile aufzuteilen. Die Teilung wird mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam. Dieser Teilung liegt eine Teilungserklärung und ein Teilungsplan zugrunde.
Pfandidentität meint die Übereinstimmung des Beleihungsobjekts mit den zu bestellenden oder bestellten Grundpfandrechten.
Eine wesentliche Bedeutung für die Identifikation des Beleihungsobjekts hat dabei die Besichtigung. Üblicherweise sollten für die Objektbesichtigung folgende Informationen zur Verfügung stehen: Name und Kontaktdaten des Eigentümers, Adresse und Art der Immobilie, bei ETWs: Lage im Objekt, Unterlagen wie z. B. Flurkarte, Grundbuchauszug, Teilungserklärung.
Durch die Adresse des besichtigten Grundstücks, die im Zuge der Besichtigung gefertigten Objektfotos, einzelne Objektmerkmale (z. B. Ausrichtung auf dem Grundstück, Struktur der Grundfläche etc.), die Angaben im Besichtigungsprotokoll sowie ein Abgleich relevanter Unterlagen (Angaben aus Flurkarte und Grundbuchauszug) mit den Gegebenheiten vor Ort kann eine eindeutige Identifikation und Sicherstellung der Pfandidentität erfolgen. Ist der maßgebliche Gebäudebestand nicht in der Flurkarte eingezeichnet, so ist dies nicht automatisch ein Ausschlusskriterium.
Die Anforderung an die Aktualität der Flurkarte lässt sich nicht am Alter der Unterlage festmachen. Vielmehr ist es wichtig, dass sie den Bezug zu den Grundbuchdaten zulässt und den Grundbuchbestand vollständig abbildet. Hauptidentifikationskriterium ist die Flurstücksnummer i.V.m. der Gemarkung/Flur oder der Adresse.
Über die teilweise von den Landesämtern für Geoinformationen online bereitgestellten Geoviewer lässt sich die Identität mitunter ebenfalls dokumentieren, wenngleich nicht alle Systeme bundesweit einen vergleichbaren Detaillierungsgrad aufweisen.
Bei Wohn- und Teileigentum kommt dem Aufteilungsplan eine wichtige Bedeutung zu, anhand dessen die Lage im Objekt eindeutig identifiziert werden kann. Insbesondere bei älteren Aufteilungsmaßnahmen kann es in Einzelfällen vorkommen, dass diese Unterlage nicht vorgelegt werden kann. In diesem Fall sind Anhaltspunkte aus der Teilungserklärung (Angaben zum Geschoss, Lage links oder rechts) zu verwenden, so dass das Wohn-/Teileigentum hinreichend bestimmbar ist. Anhand der Besichtigung müssen die angehaltenen Identifizierungsmerkmale überprüfbar sein.
1.4 Flächenplausibilisierung, Stand 20.04.2020
Flächen oder Rauminhalte (Kubatur) eines Gebäudes gehören zu den wesentlichen Objektparametern. Sie sind die maßgeblichen Ausgangsgrößen zur Ermittlung des Objektwertes sowie zur Ergebnisplausibilisierung anhand von objektartspezifischen Kennzahlen (Vergleichs-/Gebäudefaktoren).
Im Sachwertverfahren sind gemäß § 16 BelWertV die Herstellungskosten aus Erfahrungssätzen je Raum- oder Flächeneinheit abzuleiten. D. h. Bewertungen sind in Abhängigkeit der zu Grunde gelegten Kostenbasis sowohl auf Basis der Wohn-/Nutzungsfläche, der Bruttogrundfläche (BGF) oder der Kubatur (Bruttorauminhalt) möglich (siehe UKD 5.4).
Im Ertragswertverfahren wird der Rohertrag auf Basis der vermietbaren Fläche und der nachhaltigen Miete bzw. dem Niedrigeren aus nachhaltiger Miete und Ist-Miete berechnet. Die Kalkulation für Instandhaltungskosten erfolgt pro qm Wohn-/oder Nutzungsfläche auf der Basis der Herstellungskosten ohne Baunebenkosten und Außenanlagen.
Der Ausgangswert im Rahmen des Vergleichswertverfahrens ergibt sich aus der Multiplikation des Vergleichspreises je Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche mit der relevanten Fläche der zu bewertenden Einheit.
Die für die jeweilige Objektart maßgeblichen qualifizierten Flächen-/Kubaturberechnungen sind Bestandteil der notwendigen Objektunterlagen. Grundlage hierfür sind insbesondere Bauan-tragsunterlagen, z. B. von Architekten, Bauingenieuren oder Angaben von Sachverständigen und Gutachtern.
Da Flächen für alle Bewertungsverfahren eine große Bedeutung haben, ist eine Plausibilisierung der verwendeten Größen erforderlich. Merkmale zur Plausibilisierung vorhandener Berechnungen können sein:
- wurden Rohbaumaße oder Fertigmaße zu Grunde gelegt,
- auf welcher Grundlage wurden die Größen ermittelt (WoFlV, DIN 277, II. Berechnungsverordnung etc.),
- in Abhängigkeit der für die Berechnung zu Grunde gelegten Vorschrift können sich erhebliche Abweichungen ergeben, z. B. bei der Berücksichtigung von Balkon- und Terrassenflächen,
- sind Flächen enthalten, die nicht zur Wohnfläche (z. B. Abstellräume im KG) gehören bzw. zu dieser angerechnet werden dürfen (z. B. fehlende ausreichende Geschosshöhe),
- Gewerbemietverträge können neben den reinen Nutzflächen auch (anteilige) Technik- und Verkehrsflächen enthalten.
Weiterhin finden sich in der Fachliteratur entsprechende Kenngrößen, die herangezogen werden können. So ermöglicht z. B. der Quotient aus Wohnfläche und Bruttogrundfläche (Nutzflächenfaktor) oder Kubatur und Wohnfläche (Ausbauverhältnis) eine Aussage zur Überprüfung der Richtigkeit der jeweiligen Angaben, und liefert Erkenntnisse über die Effektivität der Flächennutzung und Wirtschaftlichkeit des Baukörpers. Hierbei ist zu beachten, dass die Nutzflächenfaktoren nur für Standardobjekte herangezogen werden können.
Liegen entsprechende Berechnungen nicht (mehr) vor, muss die für das jeweilige Bewertungsverfahren maßgebliche Ausgangsgröße berechnet werden. Hierfür bestehen u. a. folgende Möglichkeiten:
- Ermittlung anhand vorliegender Baupläne;
- Erstellung eines Aufmaßes vor Ort durch einen qualifizierten Mitarbeiter des Kreditinstituts oder einen vom Kreditinstitut beauftragten Dienstleister. Dieses Aufmaß dient jedoch nur den Zwecken der bankinternen Beleihungswertermittlung;
- Ableitung/Umrechnung aus vorliegenden Berechnungen, z. B. BGF aus Kubaturberechnung.
Auf Basis der so ermittelten Ausgangsgröße kann unter Zuhilfenahme der oben genannten Nutzflächenfaktoren z. B. eine Ermittlung der Wohnfläche aus der BGF erfolgen.
Darüber hinaus bieten verschiedene Internetportale (z. B. Boris NRW) geeignete Möglichkeiten zur Flächenermittlung-/plausibilisierung. Die Digitalisierung eröffnet zunehmend Möglichkeiten, Flächen durch technische Hilfsmittel zu ermitteln oder zu plausibilisieren. Entsprechende Systeme sind bereits im Einsatz.
1.5 Objektbesichtigung, Stand 20.04.2020
Allgemeines
Das zu bewertende Objekt ist im Rahmen der Wertermittlung zu besichtigen. Die BaFin versteht unter einer Besichtigung grundsätzlich eine Innen- und Außenbesichtigung. Für Objekte im Kleindarlehensbereich bestehen Ausnahmeregelungen für Fälle,
- bei denen die Besichtigung unterbleiben kann und
- bei denen auf die Innenbesichtigung verzichtet werden kann.
Die Gründe für das Unterbleiben der Besichtigung bzw. den Verzicht auf die Innenbesichtigung sind in nachvollziehbarer Weise für den einzelnen Fall zu begründen.
Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit der besichtigenden Person
Die Besichtigung von Objekten im Kleindarlehensbereich kann auch durch einen unabhängigen Dritten erfolgen. In der BelWertV sind explizit keine Anforderungen an die Qualifikation und Unabhängigkeit der besichtigenden Person enthalten. Da die Besichtigung jedoch zum Tätigkeitsbereich der Wertermittlung gehört (§ 4 Abs. 1 BelWertV „Im Rahmen der Wertermittlung…“), müssen der Wertermittler und auch der Besichtiger entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung qualifiziert und unabhängig sein.
Qualifikation
Die die Besichtigung durchführende Person muss aufgrund ihrer Ausbildung, Schulung und/ oder beruflichen Erfahrung über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, um eine Besichtigung fachgerecht durchführen und dokumentieren zu können. Wenn sie nicht auch die Wertermittlung erstellt, muss sie jedoch über keine detaillierten Kenntnisse der Wertermittlungsverfahren verfügen.
Unabhängigkeit
Analog § 24 Abs. 2 Satz 2 BelWertV darf die besichtigende Person nicht identisch sein mit der Person, die die abschließende Kreditentscheidung trifft oder den Beleihungswert festsetzt. Sie darf gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BelWertV u. a. kein eigenes Interesse am Ergebnis der Wertermittlung haben.
Genereller Verzicht auf die Besichtigung
In den folgenden Fällen kann auf eine Besichtigung generell verzichtet werden.
- Das Objekt ist bereits bekannt, das heißt, wenn das Objekt in den letzten beiden Jahren besichtigt worden ist, oder
- Es handelt sich um die Beleihung einer Eigentumswohnung, die in einem Gebäude gelegen ist, in dem die Pfandbriefbank bereits zumindest eine gleichartige Wohnung innerhalb der letzten zwei Jahre besichtigt hat oder
- bei Beleihung eines in einer Siedlung von gleichartigen Einfamilienhäusern gelegenen Einfamilienhauses die Pfandbriefbank zumindest ein gleichartiges Objekt in dieser Siedlung innerhalb der letzten zwei Jahre besichtigt hat oder
- bei Beleihung eines neu errichteten Fertighauses der Bauplatz bekannt ist und das Fertighaus nach Art und Typus anhand des Katalogs des Herstellers eindeutig bestimmt werden kann.
Verzicht auf die Innenbesichtigung
Sind der Person, die die Wertermittlung durchführt, die wesentlichen Bewertungsparameter hinreichend bekannt, kann im Einzelfall unter den in a) oder b) aufgeführten weiteren Voraussetzungen auf die Innenbesichtigung verzichtet werden. Die Kenntnis der wesentlichen Bewertungsparameter muss sich aus den vorliegenden Objektunterlagen ergeben. Außerdem darf die daraufhin vorzunehmende Außenbesichtigung keine Anhaltspunkte für eine dennoch erforderliche Innenbesichtigung ergeben.
a) Immobilien, die innerhalb der letzten zehn Jahre fertiggestellt worden sind
Die Gründe für den Verzicht auf die Innenbesichtigung sind in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren.
Für die zusätzliche Begründung des Verzichts sollte insbesondere auf die Aktenlage abgestellt werden. So könnten sich beispielsweise sämtliche notwendigen Bewertungsparameter aus den vorliegenden aussagekräftigen Unterlagen ableiten lassen. In Ergänzung dazu sollte die Begründung eine Aussage enthalten, dass sich aus der Außenbesichtigung
- keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben, die diese Kenntnisse in Frage stellen würden und
- auch keine neuen Sachverhalte ergeben, die einer separaten Prüfung bedürfen (bspw. Baumängel).
Eine Begründung des Verzichtes auf die Innenbesichtigung mit der nicht vorliegenden Kundenzustimmung oder der Zugangsverweigerung durch Mieter/ Eigentümer wird als nicht konform mit den Regelungen der BelWertV angesehen.
b) 10%iger Abschlag
Eine Innenbesichtigung kann – unabhängig vom Baualter – alternativ auch entfallen, wenn ein Abschlag in Höhe von mindestens 10 Prozent auf das Ergebnis der Beleihungswertermittlung vorgenommen wird.
Die Möglichkeit eines Verzichtes auf die Innenbesichtigung und Anwendung eines Abschlages in Höhe von 10 Prozent kann nicht als Pauschalregelung verstanden werden. Während in den Konstellationen a) und b) die Kenntnis der wesentlichen Bewertungsparameter Voraussetzung für einen Verzicht auf die Innenbesichtigung ist, muss im Fall a) zusätzlich eine Begründung für den Verzicht auf die Innenbesichtigung erfolgen.
Dokumentation
Das Datum der Besichtigung sowie der Name des Besichtigers sind stets zu dokumentieren. Bei Personenidentität zwischen Wertermittler und Besichtiger ist ein separates Besichtigungsprotokoll nicht notwendig; die Erkenntnisse aus der Besichtigung fließen direkt in die Wertermittlung ein. Liegt keine Personenidentität zwischen Wertermittler und Besichtiger vor, sind die Erkenntnisse aus der Besichtigung zu folgenden Punkten in einem Besichtigungsprotokoll zu dokumentieren:
Außenbesichtigung
- Objektadresse mit Aussage zur Objektidentität z. B. Übereinstimmung mit Lageplan oder Hausnummer
- Mikrolage, z. B. Art und Qualität des Umfelds, Anbindung Individualverkehr und ÖPNV, Nähe zu Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs
- Grundstückssituation, -zuschnitt, Zufahrt zum Objekt, Erschließung des Objektes
- Objektmerkmale, z. B. Objektart, Geschosszahl, Unterkellerung, DG-Ausbau, Bauweise, Garagen/Stellplätze, bei Eigentumswohnungen zusätzlich Geschosslage und Orientierung (Himmelsrichtung)
- Objektausstattung, z. B. Fassade, Dach, Fenster und Türen, Balkon / Terrasse, Garten / Außenanlagen
- Objektzustand, ggf. Bautenstand/ Fertigstellungsgrad, erkennbare Baumängel/ -schäden, Instandhaltungsrückstände, Modernisierungsstand
- Störende Einwirkungen aus dem und auf das Objekt (z. B. Lärm, Gerüche, Emissionen, Hochspannungsleitungen, störende Betriebe in der Nachbarschaft)
- Ggf. Hinweise zur tatsächlichen Nutzung (Eigennutzung / Vermietung / Leerstand)
- Ggf. Hinweise zur Eigennutzungsfähigkeit und Drittverwendungsfähigkeit
- Ggf. Hinweise, die zur Beurteilung von wertbeeinflussenden Rechten und Belastungen beitragen (z. B. Geh- und Fahrtrechte zugunsten von Nachbargrundstücken, Kfz-Stellplatzrechte, Überbauungen, Baulasten)
- Gesamteindruck nach der Außenbesichtigung
Zusätzliche Informationen bei einer Innenbesichtigung:
- Ausstattung, z. B. Sanitär, Heizung, Küche, Bodenbeläge, besondere Bauteile
- Zustand, Fertigstellungsgrad, ggf. erkennbare Baumängel/ -schäden, Instandhaltungsrückstände, Modernisierungsstand
- Gesamteindruck nach der Innen- und Außenbesichtigung
Die Dokumentation sollte auch Fotos enthalten – mindestens von außen, wenn möglich auch von innen. Bei fehlenden Fotos von innen ist zu dokumentieren, dass eine Innenbesichtigung stattgefunden hat.
1.6 Eigennutzungsfähigkeit und Eigennutzung, Stand 09.02.2021
Eigennutzungsfähigkeit vs. Eigennutzung
Insbesondere im Rahmen der Nutzung von Erleichterungen gemäß § 4 Abs. 4 BelWertV ist es notwendig, die Eigennutzungsfähigkeit von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen zu beurteilen. Sind diese Immobilien eigennutzungsfähig, kann auf die Ertragswertermittlung verzichtet werden und der Beleihungswert am Sach- oder Vergleichswertes orientiert werden.
Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BelWertV ist für nicht eigengenutzte Wohnimmobilien auch dann eine Überprüfung der Beleihungswerte vorzunehmen, wenn die auf dem Beleihungsobjekt abgesicherte Forderung einen wesentlichen Leistungsrückstand von mindestens 90 Tagen aufweist. Eigengenutzte Wohnimmobilien sind von dieser Überprüfungspflicht nicht betroffen.
Während im § 4 BelWertV nur auf die Eigennutzungsfähigkeit abgestellt wird, steht im Kontext des § 26 BelWertV die tatsächliche Eigennutzung im Fokus.
Somit kann bei vermieteten Eigentumswohnungen, die eigennutzungsfähig sind, der Beleihungswert ausschließlich am Vergleichswert orientiert werden (§ 4 Abs. 4 BelWertV).
Eigennutzungsfähigkeit
Grundsätzlich kann eine Immobilie als eigennutzungsfähig eingeschätzt werden,
- sobald das zu bewertende Objekt nach Zuschnitt, Ausstattungsqualität und Lage zweifelsfrei zur Eigennutzung geeignet und bestimmt ist und
- wenn bei gewöhnlicher Marktentwicklung nach den Umständen des Einzelfalls sicher vorausgesetzt werden kann, dass das Objekt von potenziellen Erwerbern für die Eigennutzung dauerhaft nachgefragt wird.
Bei eigengenutzten Objekten liegt die Eigennutzungsfähigkeit meist auf der Hand. Die Quote der Objekte, die eigengenutzt werden, aber nicht zur Eigennutzung geeignet sind, ist sehr gering, sodass der Prüfungsaufwand insbesondere im Kleindarlehensbereich im Verhältnis zum tatsächlichen Risiko stehen sollte.
Vermietungsabschlag
Im Falle von vermieteten, aber eigennutzungsfähigen Wohnungen oder Ein- bzw. Zweifamilienhäusern muss der Wertermittler entsprechend dem nachhaltigen Marktgeschehen prüfen, ob ein Abschlag im Verhältnis zu einer tatsächlich eigengenutzten Immobilie vorzunehmen ist; schließlich steht das Beleihungsobjekt dem potenziellen Eigennutzer ja nicht sofort zur Verfügung. Je nach Daten-, Markt- und Objektlage kann ein solcher Abschlag unterschiedlich hoch ausfallen oder auch entfallen. Die BaFin hat sich gegenüber dem vdp-Ausschuss für Bewertungsfragen hierzu wie folgt geäußert:
„Sofern das Ergebnis der Prüfung der Eigennutzungsfähigkeit positiv ausfällt, es sich aber um ein vermietetes Objekt (Ein- und Zweifamilienhaus oder Eigentumswohnung) handelt und auf eine Ertragswertermittlung verzichtet wird, muss entsprechend dem nachhaltigen Marktgeschehen geprüft werden, in welcher Höhe ein Abschlag vom Sach- bzw. Vergleichswert im Verhältnis zu einer tatsächlichen eigengenutzten Immobilie erforderlich ist.“
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch nach § 4 Abs. 4 Satz 1 BelWertV „…dass das Objekt von potenziellen Erwerbern für die eigene Nutzung dauerhaft nachgefragt wird.“ Je nach Regelungen im Mietvertrag ist der Abschlag vom Vergleichswert, der i. d. R. für nicht vermietete ETW gilt, anzupassen. Die BaFin fordert hierzu in Prüfungen, dass im Falle von sog. umgewandelten Eigentumswohnungen auch zu prüfen sei, ob evtl. Kündigungssperrfristen bestehen, die dann regelmäßig zusätzlich zu berücksichtigen wären. Für die Bewertung von vermieteten und als eigennutzungsfähig beurteilten Eigentumswohnungen sei die Einsichtnahme in den Mietvertrag erforderlich, um den Werteinfluss individuell beurteilen zu können. Daraus könnte sich auch ergeben, dass die Eigennutzungsfähigkeit als eingeschränkt betrachtet wird.
Eigennutzung
Für die Überprüfung, ob die beliehene Wohnimmobilie eigengenutzt ist oder nicht, ist kein „detektivischer Aufwand“ notwendig. Alle vorhandenen Daten – wie z. B. Adresse von Objekt und Schuldner – sollten eine tatsächliche Eigennutzung bereits plausibel belegen können.
Die BaFin hat sich zu der Auslegung von § 26 BelWertV in diesem Aspekt wie folgt schriftlich positioniert:
„Diese Vorschrift stellt eindeutig darauf ab, dass eine Überprüfung der Grundlagen der Beleihungswertermittlung im Falle eines Rückstandes von mindestens 90 Tagen nur bei eigengenutzten Wohnimmobilien nicht zwingend erforderlich ist. Die Vorschrift geht von dem Gedanken aus, dass ein erheblicher Leistungsrückstand Anlass für eine Überprüfung der Beleihungswertermittlung bildet. Lediglich bei eigengenutzten Wohnimmobilien, bei denen der Leistungsrückstand nicht auf ausfallenden Mieterträgen beruhen kann, ist diese ratio legis nicht einschlägig. Handelt es sich dagegen um eine eigennutzungsfähige, aber nicht tatsächlich eigengenutzte Wohnimmobilie, kann ein etwaiger Rückstand auch auf ausgefallenen Mieterträgen beruhen und damit Anlass für eine Überprüfung der Beleihungswertermittlung bilden. Im Übrigen gehe ich nicht davon aus, dass zur Feststellung der Eigennutzung ein erheblicher – eventuell noch detektivischer – Aufwand erforderlich ist. Alle vorhandenen Daten – wie z. B. Adresse von Objekt und Schuldner – sollten aber plausibel eine tatsächliche Eigennutzung belegen. Es bleibt der Pfandbriefbank im Übrigen unbenommen, eine Überprüfung der Grundlagen des Beleihungswertes auch bei vermuteter oder tatsächlicher Eigennutzung vorzunehmen, z. B. wenn dem Institut der Aufwand für die Ermittlung der tatsächlichen Eigennutzung zu hoch sein sollte.“(3)
[3] Schreiben der BaFin vom 7. August 2006, GZ: BA 32-FR 2671-2006, Auslegungsfragen zur Beleihungswertermittlungsverordnung
1.7 Dokumentation der vereinfachten Wertermittlung, Stand 20.04.2020
Vereinfachte Wertermittlung
Grundsätzlich ist im Rahmen der Beleihungswertermittlung ein Gutachten anzufertigen. Im Kleindarlehensbereich kann jedoch auf ein Gutachten gemäß § 5 BelWertV verzichtet werden. Anstelle eines Gutachtens reicht die Erstellung einer vereinfachten Wertermittlung aus. Umfangreiche textliche Erläuterungen bspw. zur Einschätzung der Lagequalität oder des Objektzustandes können entfallen und werden durch standardisierte Textbausteine und/ oder Beurteilungen durch Auswahl auf vorgegebenen Skalen umgesetzt. Jedoch müssen die wesentlichen Ansätze und Parameter auch bei Kleindarlehen nachvollziehbar dargelegt und begründet werden.
1.8 Computerunterstützte Wertermittlung, Stand 20.04.2020
Es gehört heute zum Stand der Technik, dass bei der Wertermittlung im Kleindarlehensbereich Bewertungstools eingesetzt werden. Explizite Vorgaben hierzu enthalten die rechtlichen Vorgaben zur Beleihungswertermittlung nicht. Jedoch ist der Einsatz von Bewertungssoftware stets im Kontext der Anforderungen an die Unabhängigkeit und Qualifikation der Wertermittler/ Gutachter zu sehen. Aus diesem Grund sind konkrete Voraussetzungen zu erfüllen, damit sie für die Zwecke der Beleihungswertermittlung genutzt werden können.
Computerunterstützte Bewertungstools dürfen bei der Ermittlung von Beleihungswerten angewandt werden, wenn die folgenden Anforderungen beachtet werden:
- Die Bewertungstools sind so konzipiert, dass sie für die Beleihungswertermittlung angewendet werden können. Die Programme werden genutzt durch Gutachter, die die Anforderungen der §§ 6 und 7 BelWertV bezüglich Qualifikation und Unabhängigkeit erfüllen, bzw. durch Personen, die für die Erstellung von vereinfachten Wertermittlungen im Sinne des § 24 BelWertV (Kleindarlehen) ausreichend geschult, qualifiziert und entsprechend unabhängig sind.
- Die Entscheidung über den Einsatz eines Bewertungsprogramms und über die internen Nutzer der Programme einschließlich deren Kompetenzen erfolgt entsprechend der MaRisk außerhalb des Bereiches Markt. Vor Einsatz oder bei Änderung des Bewertungsprogramms ist der Nutzerkreis entsprechend zu schulen.
- Die Bewertungsprogramme gewährleisten die Möglichkeit der manuellen Anpassung der einzelnen Daten der Bewertung und damit auch des Endergebnisses. Denn letztendlich ist der Nutzer des Programms verantwortlich für das Ergebnis der Wertermittlung und nicht das Bewertungsprogramm, welches Wertvorschläge liefert und den Wertermittler lediglich unterstützt.
Die BaFin hat in einem Schreiben an den vdp vom April 2008 bestätigt, dass computerunterstützte Bewertungsmodelle nicht gegen die Regelungen zur Beleihungswertermittlung, wie sie sich insbesondere aus der BelWertV ergeben, verstoßen, wenn die o. a. Bedingungen erfüllt sind und diese Modelle vor allem der Unterstützung des Nutzers dienen. Es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass der Gutachter (§§ 6 und 7 BelWertV) oder der Wertermittler im Falle von Kleindarlehen (§ 24 BelWertV) eigenverantwortlich mit den gelieferten Daten umgeht, diese plausibilisiert, ggf. korrigiert und insgesamt für das Ergebnis der Beleihungswertermittlung verantwortlich ist.
1.9 Überprüfung der Wertermittlung mittels Stichproben, Stand 20.04.2020
Für Wertermittlungen im Kleindarlehensbereich wird eine in regelmäßigen Abständen stattfindende Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wertermittlungen mittels einer repräsentativen Stichprobe durch Gutachter vorgeschrieben.
Qualifikation und Unabhängigkeit
Die Überprüfungen müssen von Gutachtern vorgenommen werden, die die Anforderungen der §§ 6 und 7 BelWertV erfüllen.
Umfang und Häufigkeit
Der Umfang der Stichprobe, die im Rahmen der Kleindarlehensgrenze durch Gutachter überprüft wird, liegt gemäß Erfahrungsaustausch der langjährig im Pfandbriefgeschäft tätigen Banken in der Regel zwischen 2 und 3 % der pro Jahr innerhalb der Kleindarlehensgrenze bewerteten Objekte. Als Maximalwert werden 5 % angegeben. Diese Größenordnungen wurden bereits im Rahmen von Deckungsprüfungen seitens der BaFin als repräsentativ eingestuft bzw. führten im Rahmen der Deckungsprüfungen zu keiner Kritik. Die Überprüfungen werden mindestens im jährlichen Turnus vorgenommen. Bei Neuemittenten gibt es seitens der BaFin wesentlich höhere Anforderungen an den Umfang und die Häufigkeit der Stichprobe.
Auswahl der Stichprobe
Überprüfungsgegenstand ist gemäß § 24 Abs. 2 BelWertV eine hinreichend große Zahl repräsentativer Stichproben. Kriterien für die Objektauswahl für diese Stichprobe sind insbesondere die Objektart, die Lage der Objekte (regionale Abdeckung) sowie die wertbestimmenden Verfahren.
Die Auswahl der Wertermittlungen, die als Stichprobe herangezogen werden, darf nicht durch Personen erfolgen, die mit der Erstellung von vereinfachten Wertermittlungen betraut sind.
Inhalt der Stichprobenüberprüfung
Die Überprüfung dieser Wertermittlungen variiert in den Kreditinstituten leicht. Eine Überprüfung der Beleihungswertermittlungen im Hinblick auf Vollständigkeit und die Einhaltung der Anforderungen der BelWertV hat aber in jedem Fall zu erfolgen. Hinsichtlich der Überprüfung der Richtigkeit der Bewertung sind zwei Wege bekannt, die beide bereits in Deckungsprüfungen thematisiert und nicht beanstandet wurden:
- Neben der Wertermittlung werden auch die Unterlagen zum entsprechenden Objekt in die Plausibilisierung einbezogen.
- Die Plausibilisierung erfolgt ausschließlich anhand der Wertermittlung.
Weitere Objektunterlagen werden nur einbezogen, um identifizierte nicht plausible Aspekte zu diskutieren. Einheitlich erfolgt die Handhabung bei der Identifizierung von Fehlern. So werden diese nicht von den Gutachtern korrigiert, sondern an die Ersteller der Wertermittlung zur Korrektur zurückgegeben.
In den Kreditinstituten sind Prozesse implementiert, um Maßnahmen aus den Ergebnissen der Überprüfungen abzuleiten und umzusetzen etwa gezielte Schulungen für Wertermittler zur Qualitätsverbesserung.
Die Besichtigung ist gemäß § 4 Abs. 1 BelWertV Bestandteil der Wertermittlung. Daher wird empfohlen, im Rahmen dieser Stichprobenüberprüfung die Objektbesichtigung einzubeziehen.
Dokumentation der Überprüfung
Die Dokumentation der Überprüfung wird in den Pfandbriefbanken unterschiedlich gehandhabt. Einige Kreditinstitute verfügen über Checklisten, die im Rahmen der Überprüfung auszufüllen sind. Andere dokumentieren das Überprüfungsergebnis als freien Text, der bei mängelfreien Wertermittlungen sehr kurz gehalten werden kann. Besonderes Augenmerk sollte die Pfandbriefbank darauf legen, wie mit den festgestellten Mängeln im Nachgang zur Prüfung umgegangen wird. Diese sollten wie oben erwähnt in einem nachgelagerten Prozess bearbeitet werden, so dass eine Qualitätsverbesserung erfolgt (bspw. durch Fehlerkorrektur, gezielte Schulungen der für die Wertermittlung zuständigen Personen oder ggf. Anpassung der Arbeitsanweisungen).
UKD 2 Rechtliches (zuletzt aktualisiert 20. April 2020)
2.1 Baulasten, Stand 20.04.2020
Im Baulastenverzeichnis werden nicht nur Verpflichtungen von Amts wegen eingetragen. Auch Grundstückseigentümer können durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, zum Beispiel Bebauungsplänen, ergeben.
Baulasten werden unbeschadet der Rechte Dritter mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis wirksam und wirken auch gegenüber Rechtsnachfolgern.
Typische und häufig eingetragene Baulasten sind die Abstandsflächenbaulast und die Vereinigungsbaulast. Bei der Abstandsflächenbaulast verpflichten sich Nachbarn, öffentlich-rechtlich erforderliche Abstandsflächen von Gebäuden auf ihren Grundstücken zu dulden. Die Vereinigungsbaulast vereinigt grundbuchrechtlich eigenständige Grundstücke zu einem Baugrundstück. Baurechtlich ist in diesem Fall das zu ermittelnden Maß der baulichen Nutzung (z. B. Geschossflächenzahl, Grundflächenzahl) über alle Gebäude auf allen von dieser Vereinigungsbaulast betroffenen Grundstücken zu ermitteln.
Grundsätzliche Kenntnis über Baulasten
Zur Beurteilung der Auswirkungen einer Baulast auf den Wert ist es grundsätzlich notwendig, sich Kenntnis über den Inhalt des Baulastenverzeichnisses zu verschaffen und dies nachvollziehbar zu dokumentieren.
Berücksichtigung von Baulasten
Bei Baulasten wird zwischen das Grundstück begünstigenden (Fremdbaulast) und belastenden Baulasten (Eigenbaulast) unterschieden.
Die Nutzung eines fremden Grundstückes ist durch eine begünstigende Baulast allein nicht ausreichend rechtlich gesichert. Nur durch eine dingliche Absicherung ist das Nutzungsrecht ein Bestandteil des Pfandgrundstücks im Sinne des § 96 BGB, das wiederum gemäß § 1120 BGB dem hypothekarischen Pfandumfang unterliegt.
Bei einer das Bewertungsgrundstück belastenden Baulast handelt es sich um eine Baulast, die auf dem Bewertungsgrundstück eingetragen ist. Bei der Berücksichtigung in der Beleihungswertermittlung ist zu differenzieren nach:
a) unbebauten Grundstücken mit Baurecht und bebauten Grundstücken mit Berücksichtigung eventueller Grundstücks- oder Baurechtsreserven und
b) bebauten Grundstücken ohne Berücksichtigung von Grundstücks- oder Baurechtsreserven.
In den unter a) genannten Fällen kann das Baurecht durch eine belastende Baulast beeinträchtigt oder verwirkt sein. Daher ist das Vorhandensein von Baulasten in allen diesen Fällen zu prüfen und ggf. wertmäßig zu berücksichtigen.
Gegenstand der Beleihungswertermittlung darf bei den Fällen unter b) nur der vorhandene Bestand sein. Belastende Baulasten sind auch in diesen Fällen zu ermitteln und ggf. wertmäßig zu berücksichtigen. Die langjährige gutachterliche Praxis hat jedoch gezeigt, dass bei der Bewertung von Bestandsobjekten das Grundstück belastende Baulasten (Eigenbaulasten) nur in sehr seltenen Fällen wertbeeinträchtigend wirken. Gleiches gilt für landwirtschaftliche Objekte.
Ausnahmeregelung
Es erscheint daher in konkreten Einzelfällen unkritisch, auf eine Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis zu verzichten, soweit die konkreten Umstände das Vorliegen eines solchen Falls belegen und die diesbezügliche Prüfung aller erforderlichen Unterlagen und Erkenntnisse aus einer Besichtigung keine Hinweise auf eventuell wertmindernde Baulasten ergeben. Diese Prüfung ist zu dokumentieren.
Solche konkreten Einzelfälle können sein:
- bebaute Grundstücke ohne Berücksichtigung von Bauland- oder Baurechtsreserven, die im Rahmen des § 24 BelWertV bewertet werden,
- unbebaute landwirtschaftliche Grundstücke (Acker, Grünland, Obst- und Weinbauflächen, Wald).
Es ist zu erwarten, dass diese Vorgehensweise im Rahmen von Deckungsprüfungen nicht beanstandet wird.
Weiterführende Information
Der vdp hat im Februar 2011 die Ausarbeitung „Behandlung von Baulasten bei Bewertungen für Finanzierungszwecke“ herausgegeben. Diese beinhaltet Ausführungen zur Definition, Wirkung und Arten der Baulast sowie deren Berücksichtigung in der Beleihungswertermittlung. Die Ausarbeitung steht unter www.pfandbrief.de als Download zur Verfügung.
2.2 Zuwegung, Stand 20.04.2020
Die Beleihbarkeit eines Objektes setzt eine gesicherte Zuwegung voraus, da nur so eine uneingeschränkte Nutzbarkeit und Verkäuflichkeit des Objektes gewährleistet ist.
Eine gesicherte Zuwegung des Pfandgrundstückes erfolgt durch Anbindung an den öffentlichen Straßenraum. Eine weitergehende Klärung der Zuwegung sollte regelmäßig dann vorgenommen werden, wenn angrenzende Flurstücke, über die das Pfandgrundstück erschlossen wird, den Verdacht nahe legen, dass es sich um nicht öffentlichen Straßenraum handelt. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Straßenraum im Bereich des Bewertungsgrundstücks kleingliedrig parzelliert ist.
Weiterhin besteht die Möglichkeit der dinglichen Sicherung der Zuwegung über ein Geh- und Fahrrecht. Die ausschließliche Sicherung über eine Baulast reicht zum Zwecke der Beleihung nicht aus (siehe UKD 2.1).
UKD 3 Verfahrensübergreifende Themen (zuletzt aktualisiert 20. April 2020)
3.1 Zwei-Säulen-Prinzip, Stand 20.04.2020
Das Zwei-Säulen-Prinzip besagt, dass zur Ermittlung des Beleihungswertes das Ertrags- und Sachwertverfahren anzuwenden ist. Maßgeblich für die Ermittlung des Beleihungswerts ist regelmäßig der Ertragswert. Sachwert und Ertragswert erfüllen eine gegenseitige Kontrollfunktion. Wenn der Sachwert um mehr als 20 % hinter dem Ertragswert zurückbleibt, bedarf es gemäß § 4 Abs. 3 BelWertV einer besonderen Überprüfung der Nachhaltigkeit der zugrunde gelegten Erträge und ihrer Kapitalisierung. Bestätigt sich hierbei der Ertragswert, so ist dies zu begründen. Andersfalls ist der Ertragswert entsprechend zu mindern.
Ausnahmen
Unter den nachfolgenden Voraussetzungen kann vom 2-Säulen-Prinzip abgewichen und der Beleihungswert nur aus einem Verfahren abgleitet werden:
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen kann der Beleihungswert am Sachwert orientiert werden und eine Ertragswertermittlung entfallen, wenn das zu bewertende Objekt zweifelfsfrei eigennutzungsfähig (siehe UKD 1.6) ist.
Der Beleihungswert kann bei diesen Objekten auch an einem Vergleichswert orientiert werden und eine Sachwert- und Ertragswertermittlung entfallen; auch außerhalb der Kleindarlehensgrenze.
a) Ein- und Zweifamilienhäuser
Eine ausschließliche Nutzung des Vergleichswertverfahrens ist bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern nur möglich, wenn aktuelle Vergleichspreise von mindestens fünf Objekten der Vergleichswertermittlung zugrunde liegen. Diese müssen auch hinsichtlich der Größe der Wohnfläche mit dem zu bewertenden Objekt hinreichend übereinstimmen.
b) Eigentumswohnungen
Die Erleichterungen hinsichtlich der Auswahl der anzuwendenden Verfahren für die Ableitung des Beleihungswertes aus Sach-, Vergleichs- und Ertragswert wird in der BelWertV nicht durch die Anzahl der zu bewertenden Wohneinheiten vorbestimmt. Die Beurteilung, ob auf die Ermittlung eines Sachwertes verzichtet werden kann und stattdessen der Vergleichs- und Ertragswert zu ermittelten ist, wird in § 4 Abs. 2 Satz 2 BelWertV geregelt. Für den zusätzlichen Verzicht auf die Ermittlung eines Ertragswertes ist einzig die Eigennutzungsfähigkeit der zu bewertenden Eigentumswohnung nach
§ 4 Abs. 4 BelWertV maßgeblich. Eine Begrenzung auf eine bestimmte Anzahl der zu bewertenden Einheiten gibt die BelWertV nicht vor. Das Institut kann allerdings hierzu risikoorientierte Regelungen festlegen.
3.2 Abschläge, Stand 20.04.2020
Sowohl bei der Markt- als auch der Beleihungswertermittlung werden im Verfahrensablauf Abschläge berücksichtigt, bspw. beim Sachwertverfahren Marktanpassungen in Form eines Sachwert- bzw. Nachhaltigkeitsfaktors oder bei der Bewertung von Erbbaurechten im Münchner Verfahren.
Da üblicherweise in den Kreditinstituten sowohl Markt- als auch Beleihungswerte ermittelt werden, stellt sich die Frage, ob diese Abschläge absolut identisch oder beim Beleihungswert höher ausfallen müssten.
Es ist nicht grundsätzlich notwendig, bei der Ermittlung von Markt- und Beleihungswert für ein Bewertungsobjekt zumindest identische oder im Beleihungswert höhere Abschläge anzusetzen. Aus der BelWertV ergeben sich keine Anhaltspunkte, die ein Gleichziehen oder Erhöhen der Abschläge in der Beleihungswertermittlung fordern.
Bei der Beleihungswertermittlung handelt es sich um eine eigenständige Methodik. Die einzige Aussage zum Zusammenspiel von Markt- und Beleihungswert ergibt sich aus § 16 Abs. 2 PfandBG, wonach der Beleihungswert nicht höher als der Marktwert sein darf.
3.3 Bodenwertanpassung bei abweichenden Bodenrichtwertmerkmalen, Stand 20.04.2020
Weicht das zu bewertende Grundstück von den Richtwertmerkmalen deutlich ab, kann es erforderlich sein, den Bodenwert in der Wertermittlung anzupassen. Dies kann durch die Anpassung des Bodenrichtwertes oder bei übergroßen Grundstücken durch reduzierte Wertansätze für entsprechende Teilflächen (z. B. Gartenland) berücksichtigt werden. Hierbei spielt auch der Stichtagsbezug eine wesentliche Rolle. Zeitliche Fortschreibungen sollten jedoch nur auf Basis weitergehender Veröffentlichungen der Gutachterausschüsse (z. B. Zwischenberichte) vorgenommen werden.
3.4 Nutzungsdauer/Restnutzungsdauer, Stand 20.04.2020
Der Bestimmung der Gesamtnutzungsdauer und der Restnutzungsdauer kommt eine besondere Rolle zu, weil sich aus dem Verhältnis beider Ausgangsgrößen zueinander die Alterswertminderung ergibt.
Für die Marktwertermittlung ist auch hier, sofern der Sachwertfaktor der Gutachterausschüsse genutzt werden soll, wieder auf das Modell der SW-RL abzustellen. Mit der SW-RL wurden teilweise die Gesamtnutzungsdauern verkürzt und das Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauern nach Modernisierungen zeitgemäß angepasst. So können nun insbesondere bei umfassenden Maßnahmen zur Verbesserung der energetischen Gebäudequalität längere Restnutzungsdauern Berücksichtigung finden, während für andere Maßnahmen keine Erhöhungen mehr vorgeschlagen werden.
In dem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es insbesondere bei der Bestimmung der Restnutzungsdauer von Renditeimmobilien nicht um die Anwendung eines Rechenmodells geht, sondern vielmehr auf eine sachverständige Einschätzung zur wirtschaftlichen Restnutzungsdauer auf Basis der Besichtigung, den regionalen Marktgegebenheiten und des Objektzustands
Alterswertminderung
Die ImmoWertV sieht eine lineare Alterswertminderung vor. Die BelWertV lässt jedoch weiterhin auch die Alterswertminderung nach Ross zu.
UKD 4 Vergleichswertverfahren (zuletzt aktualisiert 20. April 2020)
4.1 Anwendungsbereich, Stand 20.04.2020
Im Rahmen des Zwei-Säulen-Verfahrens wird das Vergleichswertverfahren neben dem Ertragswertverfahren in der Praxis der kreditwirtschaftlichen Wertermittlung insbesondere bei der Bewertung von Eigentumswohnungen (ETW) angewandt. Die Ermittlung eines Sachwertes kann dann in bestimmten Fällen entfallen. Dies gilt auch unter bestimmten Voraussetzungen bei der Bewertung von gewerblich genutzten Teileigentumseinheiten. Auch bei der Bewertung von Bauland werden geeignete Vergleichswerte herangezogen und daraus der Wertansatz abgeleitet.
Die Voraussetzungen für den Verzicht auf eine Ertragswertermittlung und die damit ausschließliche Anwendung des Vergleichswertverfahrens im Zuge der Beleihungswertermittlung werden in UKD 3.1 dargestellt.
4.2 Durchführung, Stand 20.04.2020
Vergleichspreise – § 19 Abs. 1 Satz 1 BelWertV
„Zur Ermittlung des Vergleichswertes sind nachhaltig erzielbare Vergleichspreise von Objekten heranzuziehen, die hinsichtlich der maßgeblich ihren Wert beeinflussenden Merkmale,insbesondere Lage, Ausstattung und Nutzungsmöglichkeiten, mit dem zu bewertenden Objekt hinreichend übereinstimmen; die Vergleichspreise können aus Kaufpreis- oder anderen Marktdatensammlungen entnommen werden.“
Im ersten Halbsatz wird auf eine ausreichende Vergleichbarkeit der herangezogenen Vergleichsobjekte hingewiesen. Dabei sind nicht alle denkbaren Merkmale aufgezählt, sondern es wird mit dem Hinweis auf die „maßgeblich den Wert beeinflussenden Merkmale“auf die Qualifikation des Wertermittlers abgestellt, diese sachverständig auszuwählen und zu bewerten.
Die Vergleichspreise sollen nachhaltig erzielbar sein: Hiermit ist gemeint, dass sowohl die vergangene Marktentwicklung als auch Erwartungen über die zukünftige regionale Marktentwicklung bei der Ableitung eines nachhaltigen Vergleichspreises einzubeziehen sind. Hierunter versteht die BaFin, dass sich die angesetzten Preise bei Betrachtung der Preisniveauentwicklung über einen längeren Zeitraum als nachhaltig erwiesen haben und voraussichtlich auch langfristig erzielbar bleiben.
Im zweiten Halbsatz wird auf die möglichen Quellen der heranzuziehenden Vergleichspreise eingegangen: Alternativ zu den Daten der Gutachterausschüsse können Vergleichspreise auch aus anderen Kaufpreis- oder Marktdatensammlungen entnommen werden, wie z. B. institutseigenen Kaufpreisdatensammlungen oder Daten aus der vdp-Transaktionsdatenbank.
Sicherheitsabschlag – § 19 Abs. 1 Satz 2 BelWertV
„Von dem so ermittelten Ausgangswert ist ein Sicherheitsabschlag in Höhe von mindestens 10 Prozent in Abzug zu bringen.“
Wichtig ist die Differenzierung zwischen dem Sicherheitsabschlag der bei der Ermittlung des Herstellungswertes im Sachwertverfahren erhoben wird, und dem Sicherheitsabschlag, der zur Ermittlung des Vergleichswertes angesetzt wird. Im Vergleichswertverfahren dient dieser Sicherheitsabschlag dazu die Nachhaltigkeit des Beleihungswertes zusätzlich zu untermauern und damit der Unsicherheit der künftigen Marktentwicklung Rechnung zu tragen; die Vergleichswerte umfassen die baulichen Anlagen und den Grund und Bodenanteil der Wohnungs- oder Teileigentumseinheit. Dies gilt natürlich auch für Garagen und Stellplätze. Die Vergleichspreise sind in Datensammlungen auch nach Lage und Baualtersklassen differenziert, so dass im Vergleichswertverfahren zusätzlich eine Abschreibung wegen Alterswertminderung wie im Sachwertverfahren methodisch nicht vorgesehen ist.
UKD 5 Sachwertverfahren (zuletzt aktualisiert 20. April 2020)
5.1 Anwendungsbereich, Stand 20.04.2020
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen kann der Beleihungswert am Sachwert oder Vergleichswert orientiert werden und eine Ertragswertermittlung entfallen (siehe UKD 3.1), wenn das zu bewertende Objekt zweifelsfrei eigennutzungsfähig (siehe UKD 1.6) ist.
5.2 Modellkonformität, Stand 20.04.2020
Mit Einführung der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und der Sachwertrichtlinie (SW-RL) wurden dort Vorgaben bzw. methodische Änderungen eingeführt, die deutliche Abweichungen zur Methodik der Sachwertermittlung nach BelWertV mit sich brachten.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Banken nicht verpflichtet sind, den Marktwert nach ImmoWertV/SW-RL zu ermitteln. Auch andere anerkannte Verfahren können zu sachgerechten Marktwerten führen.
Zudem handelt es sich bei der Beleihungswertermittlung um eine eigenständige Methodik. Die einzige Aussage zum Zusammenspiel von Markt- und Beleihungswert ergibt sich aus § 16 Abs. 2 PfandBG, wonach der Beleihungswert nicht höher als der Marktwert liegen darf, welcher nach einem anerkannten Verfahren zu ermitteln ist.
Es besteht keine Verpflichtung, prozentuale sowie absolute Abschläge in Markt- und Beleihungswert gleich hoch wählen zu müssen (siehe UKD 5.5 und UKD 5.6 ). In diesem Zusammenhang wird leider häufiger das Thema Modellkonformität falsch interpretiert und angewendet.
Modellkonformität bedeutet, dass bei der Verwendung von Bewertungsparametern im Rahmen der Wertermittlung das gleiche Modell anzuwenden ist, wie es bei der Ableitung der relevanten Bewertungsparameter zugrunde gelegt wurde. Sollten die Modelle differieren, sind entsprechende Anpassungen der Bewertungsparameter auf das in der Wertermittlung verwendete Modell vorzunehmen. Diese Aussage bezieht sich insbesondere auf die Nutzung von Sachwertfaktoren, welche nach SW-RL abgeleitet wurden und damit auf die Marktwertermittlung nach SW-RL ausgerichtet sind. Demnach wäre eine Anpassung an das Modell der BelWertV bei Verwendung der Sachwertfaktoren im Beleihungswert erforderlich.
Es ist somit möglich, beide Werte völlig unabhängig voneinander zu ermitteln. Dennoch möchten viele Banken, nicht zuletzt zur Erzielung von Synergieeffekten oder einer Vergleichbarkeit bei Wertansätzen und Parametern weitgehende Übereinstimmung bei den jeweiligen Eingaben zu den voneinander unabhängig zu ermittelnden Werten herstellen. Dies erfolgt meist mit Unterstützung der für die Wertermittlung eingesetzten EDV-Anwendungen.
Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, sofern kein Modellbruch im Rahmen der Marktwertermittlung geschieht. Für den Beleihungswert bleibt es ohnehin bei den geltenden Vorschriften der BelWertV.
Aus der BelWertV ergibt sich ein bestimmter Verfahrensablauf (siehe UKD 5.3). Die Veränderung der Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte bei rein multiplikativer Berechnung bleibt ohne Einfluss auf das Endergebnis (mathematisch: Kommutativgesetz) und ist laut BaFin nicht zu beanstanden.
5.3 Unterschiede in der Markt- und Beleihungswertermittlung, Stand 20.04.2020
Das nachfolgende Schaubild zeigt den grundsätzlichen Verfahrensablauf nach ImmoWertV bzw. SW-RL auf.
Im Sachwertverfahren führt der vorläufige Sachwert erst über die Marktanpassung (Sachwertfaktor) zum Marktwert, während der Beleihungswert einen nachhaltigen Wert widerspiegeln soll. Entsprechend beinhaltet die BelWertV dafür eine Reihe regulatorischer Vorgaben.
Vorgaben der BelWertV:
- Ansatz regional und objektspezifisch angemessener Herstellungskosten je Raum- oder Flächeneinheit
- Nutzungsdauer 25 – 80 Jahre für Wohnhäuser
- Wertminderung linear oder eine sich mit zunehmendem Alter verändernde Wertminderung (etwa nach Ross)
- Begrenzung baulicher Außenanlagen auf 5 % des Herstellungswerts
- Kürzung des Herstellungswerts um einen Sicherheitsabschlag von mindestens 10 %
- Begrenzung von Baunebenkosten auf 20 % des um den Sicherheitsabschlag verminderten Herstellungswerts
Vorgaben der Sachwertrichtlinie (SW-RL) inkl. NHK 2010:
- NHK 2010 als Bestandteil der SW-RL
- Baukostenwerte enthalten bereits übliche Baunebenkosten
- Keine Regionalisierung der Baukosten (im Sachwertfaktor enthalten)
- Empfehlung für Nutzungsdauern je nach Standardstufe
- Lineare Wertminderung als Standard
- System zur Ermittlung einer modifizierten Restnutzungsdauer
- Sachwertfaktor zur Marktanpassung
- Berücksichtigung von Besonderheiten nach der Marktanpassung als besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale („boG“)
5.4 Baukosten, Stand 20.04.2020
Die BelWertV verlangt den Ansatz von angemessenen Herstellungskosten. Gemeint sind hiermit Kosten, die zur Errichtung eines „wirtschaftlichen Vergleichsbaus“ für die entsprechende Nutzung und bei vergleichbarer Ausstattung durch einen Dritten aufgewendet werden müssten. Die tatsächlichen Kosten des Objekts können dabei abweichen, weil sie von individuellen Rahmenbedingungen beeinflusst sein können.
Welche Bezugseinheit (Wohnfläche, Bruttogrundfläche, Bauvolumina) der Wertermittler dafür nutzt, ist ihm nach BelWertV frei gestellt („Flächen oder Raumeinheit“). In der täglichen Praxis nutzen Banken zunehmend die Bruttogrundflächen oder auch die Wohnflächen. Immer seltener wird das Bauvolumen als Grundlage herangezogen. Welcher Weg auch beschritten wird, der Plausibilisierung der Ausgangsdaten kommt eine besonderen Stellung zu.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Bank unterschiedliche Bezugseinheiten zur Ermittlung der Baukosten verwendet. Dies kann sogar von Vorteil sein, wenn damit eine bessere Grundlage zur Verfügung steht.
Indexierung
Die verwendeten Herstellungskosten sind auf den Wertermittlungsstichtag zu beziehen, also auf das aktuelle Jahr der Wertermittlung. Hierzu veröffentlicht das Statistische Bundesamt vierteljährlich Baupreisindizes. Die Baupreisindizes spiegeln die Entwicklung der Preise für den Neubau und für die Instandhaltung von Bauwerken wider.
Regionalisierung der Herstellungskosten
Die BelWertV schreibt vor, dass die Herstellungskosten regional angemessen sein müssen, gibt aber keine bestimmte Quelle vor. Auf die Gutachterausschüsse kann hier kaum zurückgegriffen werden, da ihr heutiges Modell die Regionalisierung der Baukosten über den Sachwertfaktor vorsieht. Geeignet sind z. B. die jährlichen Veröffentlichungen des BKI oder Werte von vdpResearch.
Zulässigkeit der Kombination von Regionalisierungsfaktoren und Baukostentabellen nach NHK 2010
Sowohl NHK 2010 als auch die BKI-Regionalisierungsfaktoren referenzieren auf bundesdurchschnittliche Baukosten. Die Kombination beider Datenquellen im Rahmen der Ermittlung des Herstellungswertes im Sachwertverfahren ist somit vor dem Hintergrund der Modellkonformität aus Sicht des vdp-Ausschusses für Bewertungsfragen unkritisch.
Regionalisierung der Herstellungskosten im Verfahrensablauf
Die BelWertV fordert die Regionalisierung bei der Ableitung der Herstellungskosten. Die BaFin hat in einem Gespräch mit Vertretern des vdp bzgl. einer abweichenden Vorgehensweise eine klare Absage erteilt.
Sicherheitsabschlag
Um eventuellen Baupreissenkungen und damit der nachhaltigen Gültigkeit der Ansätze bei der Bestimmung des Wertes der baulichen Anlage Rechnung zu tragen, ist gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 BelWertV der ermittelte Herstellungswert um einen Sicherheitsabschlag von mindestens 10 % zu kürzen. Dieser regulatorisch vorgegebene Sicherheitsabschlag ist nicht als Sachwertfaktor zu verstehen, wie ihn die ImmoWertV/SW-RL bei der Ermittlung eines Marktwertes vorsieht (siehe UKD 5.5 und UKD 5.6).
5.5 Marktanpassung nach ImmoWertV, Stand 20.04.2020
Grundlage für die Höhe der Marktanpassung über Sachwertfaktoren ist die Untersuchung des Verhältnisses zwischen dem ermittelten vorläufigen Sachwert und geeigneten Marktpreisen auf der Basis einer statistisch validen Anzahl von Transaktionen. Die Ermittlung der Sachwertfaktoren basiert auf einer Sachwertermittlung nach einer bestimmten Methodik ohne Berücksichtigung der besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale eines zu bewertenden Grundstücks. Hierzu bestimmt § 8 Abs. 2 ImmoWertV die Reihenfolge bei der Berücksichtigung der Anpassung: Er verschiebt die Anpassung auf den unbelasteten Sachwert, also den Wert ohne objektspezifische Grundstücksmerkmale.
Im Rahmen der Sachwertermittlung ist eine Anpassung an das Marktgeschehen mittels Sachwertfaktor vorgesehen.
Nicht selten werden in Marktwertgutachten Sachwertfaktoren aus unterschiedlichen Quellen angewandt. Es ist darauf zu achten, dass der jeweilige Sachwertfaktor mit der vom Gutachterausschuss angewandten Methodik der Sachwertermittlung kompatibel ist.
5.6 Marktanpassung im Beleihungswert – Ableitung des Nachhaltigkeitsfaktors, Stand 20.04.2020
Die Problematik einer Anpassung des Sachwertes entsteht in der Beleihungswertermittlung nur bei Objekten nach § 4 Abs. 4 BelWertV (Ein- und Zweifamilienhäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern). Dies ist immer zwingend dann der Fall, wenn im nachhaltigen Marktgeschehen die Kaufpreise für vergleichbare Objekte der Höhe nach den Sachwert unterschreiten.
Wesentlicher Unterschied zwischen Markt- und Beleihungswertermittlung ist, dass im Beleihungswert nicht das aktuelle Marktgeschehen, sondern das nachhaltige Marktgeschehen abgebildet werden muss.
Der Tatsache, dass in bestimmten Märkten die nach dem Sachwertverfahren ermittelten Werte höher sind als erzielbare Kaufpreise für vergleichbare Objekte, muss im Zuge der Ableitung eines nachhaltigen Wertes daher Rechnung getragen werden. Wenn demnach in bestimmten Regionen offensichtlich ist, dass der ermittelte Sachwert in der Regel höher ausfällt als Marktteilnehmer nachhaltig bereit sind für vergleichbare Objekte zu zahlen, ist eine entsprechende Anpassung erforderlich.
Die BelWertV erwähnt jedoch hierfür keinen konkreten Faktor. Hier hat sich in der Bewertungspraxis der Ansatz eines sog. Nachhaltigkeitsfaktors, insbesondere in Märkten, in denen von den Gutachterausschüssen Sachwertfaktoren kleiner als 1,0 ausgewiesen werden, auch bei der Ermittlung des Beleihungswertes in vielen Instituten durchgesetzt. Bei einigen Softwareanbietern wird der Faktor auch als Sachwertanpassung bezeichnet.
Ein Sachwertfaktor, der modellgerecht nach SW-RL abgeleitet wurde, kann im Beleihungswert als Nachhaltigkeitsfaktor nicht direkt und ungeprüft übernommen werden, weil die Grundlagen, die Modelle und damit auch die Bezugsbasis zu stark voneinander abweichen. In u. a. Abbildung sind verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt , wie im Marktwert Marktdaten modellkonform genutzt und gleichzeitig im Beleihungswert die Anforderungen der BelWertV eingehalten werden können:
1. Nutzung der Marktdaten der Gutachterausschüsse
2. Nutzung anderer Datenquellen
1. Nutzung der Marktdaten der Gutachterausschüsse
Variante 1a)
Der Wertermittler ermittelt den Marktwert gem. ImmoWertV/SW-RL und verwendet dafür modellgerecht den Sachwertfaktor der GAA.; der Beleihungswert wird nach BelWertV ermittelt.
Da für den Beleihungswert letztlich nur das Grundprinzip gilt, dass er den sachgerecht ermittelten Marktwert nicht überschreiten darf, solange die grundsätzlichen Aspekte zur Beleihungswertermittlung eingehalten werden, schätzt der Wertermittler den Nachhaltigkeitsfaktor so, dass ein risikoadäquater Abstand vom Beleihungswert zum Marktwert gewährleistet ist. Aufgabe des Wertermittlers/Gutachters ist es, den rein rechnerischen Wert für den Nachhaltigkeitsfaktor insbesondere im Hinblick auf das nachhaltige Marktgeschehen anzupassen.
Variante 1b)
Wie 1 a), jedoch Ableitung des Nachhaltigkeitsfaktors aus dem Sachwertfaktor durch Umstellung des Modells des Gutachterausschusses durch den Wertermittler/Gutachter hinsichtlich der im Vergleich zur Beleihungswertmethodik abweichenden Parameter.
Es ist grundsätzlich möglich, die Umrechnung vom Sachwertfaktor auf den Nachhaltigkeitsfaktor vorzunehmen. Aufgrund der Komplexität und auch der von den regionalen Gutachterausschüssen individuellen Modellanpassungen (z. B. mit oder ohne separate Ausweisung der Außenanlagen), sollte ein derartiger Ansatz nur durch qualifizierte Gutachter oder entsprechend geschulte Wertermittler Berücksichtigung finden und im Einzelfall dokumentiert sein.
Mit der exakten Umrechnung liegt aber noch nicht zwingend ein risikoadäquater Abstand vom Beleihungswert zum Marktwert vor und es verbleibt ggf. wieder eine manuelle Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors durch den Gutachter/Wertermittler im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des resultierenden Beleihungswertes wie unter
1 a) beschrieben.
Variante 1c)
Wie 1 b), jedoch Umrechnung durch Bewertungssystem und Lieferung eines Vorschlagswertes für den Nachhaltigkeitsfaktor.
Wesentlich einfacher ist es für den Anwender, wenn das System gleich eine Umrechnung der Modellunterschiede vornimmt. Dafür muss das System jedoch die Besonderheiten der einzelnen Gutachterausschussmodelle kennen und berücksichtigen können. Entsprechende Systeme können dann Wertvorschläge für den Nachhaltigkeitsfaktor liefern.
Es verbleibt ggf. wieder eine manuelle Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors durch den Gutachter/Wertermittler im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des resultierenden Beleihungswertes.
2. Nutzung anderer Datenquellen
Variante 2 a) – Systemseitige Marktdatenlieferung
Wird dagegen ein System genutzt, für das ausreichend Transaktionsdaten zur Verfügung stehen, kann gleich bei der Ableitung der Faktoren zur Anpassung an den Markt, die Systematik weitgehend an die BelWertV angeglichen werden. So kann modellkonform zur BelWertV auch im Marktwert mit regionalisierten Baukosten gerechnet und mit separater Ausweisung der Baunebenkosten und Außenanlagen gearbeitet werden. Die so ermittelten Sachwertfaktoren sind modellkonform mit der Methodik der Beleihungswertermittlung und können als Grundlage weitgehend für die Ableitung von Nachhaltigkeitsfaktoren genutzt werden.
Es verbleibt ggf. wieder eine manuelle Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors durch den Gutachter/Wertermittler im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des resultierenden Beleihungswertes wie unter
1 a) beschrieben.
Variante 2 b) – Nutzung eigener Marktkenntnisse/Datenquellen
Alternativ können Faktoren zur Marktanpassung (Nachhaltigkeitsfaktoren) vom Gutachter/Wertermittler auf Basis regionaler Marktkenntnisse und ggf eigener Datensammlungen abgeleitet werden.
Faktoren oberhalb von 1,0 im Beleihungswert
Die Praxis zeigt, dass in einigen Regionen und Mikrolagen auch dauerhaft Sachwertfaktoren oberhalb von 1,0 ausgewiesen werden. Oftmals ist dies im Unterschied zwischen den vom Gutachterausschuss ausgewiesenen Bodenrichtwerten und den tatsächlich vorhandenen höheren Grundstückskaufpreisen begründet. Nur wenn es sich hierbei um eine dauerhafte Situation handelt, kann auch im Beleihungswert ein positiver Faktor Anwendung finden. Ein derartiger Ansatz sollte nur durch qualifizierte Gutachter oder entsprechend geschulte Wertermittler Berücksichtigung finden und in jedem Einzelfall nachvollziehbar begründet sein; z. B. durch entsprechende Zeitreihen, die über einen längeren Zeitraum Faktoren > 1,0 nachweisen.
Insbesondere das unter 2) beschriebene Modell bietet eine sachgerechte Grundlage für den Wertermittler/Gutachter, auch Faktoren oberhalb von 1,0 herzuleiten. Hintergrund ist, dass wegen der einheitlichen Regionalisierung der Baukosten in Markt- und Beleihungswert auf ein Herausrechnen der Regionalisierung aus den von den Gutachterausschüssen nach ImmoWertV/SW-RL ermittelten Sachwertfaktoren entfallen kann.
UKD 6 Ertragswertverfahren (zuletzt aktualisiert 20. April 2020)
6.1 Anwendungsbereich, Stand 20.04.2020
Im Vergleich zum Sach- und Vergleichswertverfahren spielt das Ertragswertverfahren im Kleindarlehensbereich in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle. Nichtsdestotrotz können auch Ertragsimmobilien, bspw. Mehrfamilienhäuser, Wohn- und Geschäftshäuser mit einem Anteil des gewerblichen Rohertrages von bis zu einem Drittel am Gesamtertrag der Immobilie, sofern diese Objekte dem risikoarmen, standardisierten Mengengeschäft zuzuordnen sind[4]oder nicht eigennutzungsfähige Eigentumswohnungen bzw. nicht eigennutzungsfähige Ein- und Zweifamilienhäuser im Kleindarlehensbereich zu bewerten sein. Für derartige Immobilien ist im Regelfall das Ertragswertverfahren als maßgebliche Wertermittlungsmethodik für die Ableitung eines Beleihungswertes anzuwenden.
Aufgrund der Anforderungen des Zwei-Säulen-Prinzips (siehe UKD 3.1) ist ergänzend der Sachwert (Mehrfamilienhaus) oder Vergleichswert (Eigentumswohnung) zu ermitteln. Diese zusätzlichen Bewertungsschritte bilden eine der wesentlichen Kontrollfunktionen der Beleihungswertermittlung. Sobald der Sachwert oder der Vergleichswert des Beleihungsobjekts um mehr als 20 Prozent hinter dem Ertragswert zurückbleibt, bedarf es einer besonderen Überprüfung der Nachhaltigkeit der zugrunde gelegten Erträge und ihrer Kapitalisierung. Bestätigt sich hierbei der anfangs ermittelte Ertragswert, bedarf das Ergebnis der Überprüfung einer nachvollziehbaren Begründung innerhalb der Wertermittlung, andernfalls ist der Ertragswert entsprechend zu mindern.
[4] Schreiben der BaFin an den vdp vom 9. Januar 2009, GZ: BA 32-FR 2678-2008/0001, Methodische Fragen der Beleihungswertermittlung § 24 Abs. 1 BelWertV: Kleindarlehensgrenze, Bezugsgröße
6.2 Grundstücks- bzw. Baulandreserve, Stand 20.04.2020
Eine von Wertermittlern im Kleindarlehensbereich häufig gestellte Frage in Bezug auf das Ertragswertverfahren ist die, nach den Begriffen „rentierlicher und nicht rentierlicher Bodenwertanteil“. Hintergrund dieser Unterscheidung ist die Regelung im § 9 Absatz 2 BelWertV, wonach bei einem Grundstück, welches wesentlich größer ist, als es einer der baulichen Anlage angemessenen Nutzung entspricht und bei dem eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich ist, bei der Berechnung des Verzinsungsbetrags der Bodenwert dieser Teilfläche nicht anzusetzen ist. In der Wertermittlung ist dann jedoch die zusätzliche Nutzung und Verwertung dieser Teilfläche auch in baurechtlicher Hinsicht nachvollziehbar darzulegen.
Der Bodenwert des für die tatsächliche bzw. zu bewertende Bebauung „nicht erforderlichen“, jedoch separat veräußerbaren Grundstücksteils wird in der Praxis als „nicht rentierlich“ bezeichnet (siehe auch UKD 3.3).
Inwiefern es sich bei der Beurteilung und Begründung von separat veräußerbaren Grundstücksteillen um risikoarmes und standardisiertes Mengengeschäft handelt, ist von Fall zu Fall zu beurteilen oder generell durch das Institut festzulegen. Insbesondere die Frage, ob ein Sachbearbeiter als Wertermittler diese komplexe Aufgabe erfüllen kann und seine Qualifikation hierfür ausreicht.
6.3 Mietertrag, Stand 20.04.2020
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BelWertV dürfen bei der Ermittlung des Rohertrags nur nachhaltige Erträge angesetzt werden. Der „richtige“ Ansatz von nachhaltigen Nettokaltmieten setzt voraus, dass sich der Wertermittler im Kleindarlehensbereich mit der bestehenden Vermietungssituation im Objekt sowie den langfristig nachhaltigen Tendenzen am örtlichen Vermietungsmarkt auseinandersetzt. Ein nachhaltiger Mietansatz ohne Betriebskostenumlagen bildet dabei die Obergrenze des Mietansatzes in der Beleihungswertermittlung.
So genannte „Overrentzuschläge“, also meist zeitlich begrenzte Mieten oberhalb dieses Niveaus, dürfen bei der Beleihungswertermittlung nicht berücksichtigt werden.
Liegt die nachhaltige Miete über der vertraglich vereinbarten Miete, ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BelWertV im „Regelfall“ die vertraglich vereinbarte Miete anzusetzen. Das Dokumentationserfordernis in Bezug auf den gewählten nachhaltigen Mietansatz ist auch im Kleindarlehensbereich unerlässlich.
6.4 Modernisierungsrisiko, Stand 20.04.2020
Der nach UKD 6.3 ermittelte nachhaltige Mietertrag der Immobilie (Rohertrag) ist im Ertragswertverfahren immer um die üblicherweise beim Vermieter verbleibenden Bewirtschaftungskosten zu kürzen. Hierfür gibt die BelWertV in der Anlage 1 entsprechende Bandbreiten der Ansätze an.
Eine Besonderheit der Beleihungswertermittlung stellt das Modernisierungsrisiko als Teil der Bewirtschaftungskosten dar. Bei der Wertermittlung von Standard-Mehrfamilienhäusern tritt die Notwendigkeit, ein Modernisierungsrisiko zu berücksichtigen, üblicherweise nicht auf. Daher wird Wohnhäusern und kleineren Wohn- und Geschäftshäusern in der Regel kein Modernisierungsrisiko beigemessen. Allerdings kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass innerhalb des Kleindarlehensbereiches kein Modernisierungsrisiko anzusetzen sei. Die BaFin begründet dies damit, dass in § 24 Abs. 1 BelWertV eindeutig geregelt ist, dass die anstelle eines Gutachtens nach § 5 zu erstellende vereinfachte Wertermittlung allen übrigen Anforderungen dieser Verordnung genügen muss. Darunter fällt auch die Vorschrift über den Ansatz von Kosten für Modernisierungsrisiken nach § 11 Abs. 7 BelWertV.
Innerhalb der Kleindarlehensgrenze können auch Objekte mit einem Anteil an gewerblichen Nutzungen von bis zu 1/3 des Rohertrages bewertet werden. Bei diesen Nutzungen kann es sich auch um Nutzungen handeln, bei denen ein Modernisierungsrisiko (siehe Anlage 1 BelWertV – Modernisierungsrisiko, Kategorie a) anzusetzen ist.
6.5 Kapitalisierungs- bzw. Liegenschaftszinssatz, Stand 20.04.2020
Auf Grund der Systematik des Ertragswertverfahrens hat die Wahl des Zinssatzes zur Kapitalisierung der Reinerträge der Immobilie eine besondere Relevanz für die Höhe des Ertragswertes.
Während der Liegenschaftszinssatz für die Marktwertermittlung bspw. den regelmäßigen Veröffentlichungen der Gutachterausschüsse („Grundstücksmarktberichte“) oder anderen geeigneten Quellen entnommen werden kann, gibt die BelWertV in Anlage 3 lediglich Bandbreiten für Kapitalisierungszinssätze an. Diese dürfen jedoch nicht „schematisch“ und unkommentiert angewendet werden, vielmehr kommt es bei der Wahl dieses Parameters auf die innerhalb der Wertermittlung zu begründende Einschätzung der regional maßgeblichen langfristigen Marktentwicklung und des Ertrags- und Verkaufsrisikos der Immobilie durch den Wertermittler an.
6.6 Sonderfälle des § 13 BelWertV, Stand 20.04.2020
Wenn die BaFin – wie an anderer Stelle bereits erwähnt – ausführt, dass in § 24 Abs. 1 BelWertV eindeutig geregelt ist, dass die anstelle eines Gutachtens nach § 5 zu erstellende vereinfachte Wertermittlung allen übrigen Anforderungen dieser Verordnung genügen muss, bedeutet dies auch, dass es bei der Anwendung des § 13 BelWertV (Ermittlung des Ertragswertes in besonderen Fällen) keine Erleichterungen im Kleindarlehensbereich gibt.